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UC-HRLF
II
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, I
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Die Lehre
von den Leidenschaften
bei
Hobbes und Descartes.
Inauguraldissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der
hohen philosophischen Fakultät
der Georg-Augusts-Universität zu Göttingen
vorgelegt von
LUDWIG HAEALD SCHÜTZ
aus Traunstein in Oberbayern
Lehrer für Mathematik und Physik an der Kgl. höheren Maschinenbauschule
zu Hagen in Westfalen.
_^<^___-
Hagen i. W. 1901.
Druck Ton Bald A Krüger.
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Referent:
Herr Geheimrat Prof. Dr. Bau mann.
Tag der mündlichen Prüfung:
12. Juni 1901.
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A^/
Seinem väterlichen Freunde
Herrn Professor Dr. Ernst Abbe
in Jena
ge^vidmet.
427555
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Inhaltsverzeichnis.
Einleitung VII
Kapitel I.
Die Lehre von den Leidenschaften vor Hobbes und
Descartes 1
Kapitel II.
Hobbes 34
Kapitel III.
Kritik der Lehre des Hobbes 55
Kapitel IV.
Descartes 62
Kapitel V.
Kritik der Lehre des Descartes 86
Kapitel VI.
Hobbes und Descartes 93
Rückblick und Ausblick 104
Namen- und Sachregister 109
Lebenslauf 119
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V iele Gründe lassen es mir gerechtfertigt
erscheinen, ein Kapitel aus der Geschichte der Lehre
von den Leidenschaften zum Gegenstand der folgenden
Monographie zu machen.
Die Gemütsbewegungen verdienen schon die
Aufmerksamkeit des Laien, der sie oft sehr unliebsam
an seinen Mitmenschen und genugsam an sich selbst
gewahr wird, der das Theater besucht und in Concerte
geht, um sich mit voller Absicht den dadurch er-
folgenden Gemütserregungen hinzugeben und der aus
gleichem Grunde seine Freude an Gemälden oder
an aufregendem Sport hat.
Ein weit höheres Interesse aber muss den ver-
schiedenen Lehren über die Entstehung und Be-
deutung unserer Affekte der Psychologe entgegen-
bringen.
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VIII
So begegnet man denn auch in der heutigen
philosophischen Litteratur einer grossen Zahl
durchaus verschiedener Ansichten über diesen
Gegenstand.
Während die einen die Affekte als etwas ansehn,
das bei höherer Kultur vielleicht ganz verschwinden
wird ') und in rein körperlichen Zuständen begründet
ist, erklärt sie ein anderer durch das Auftreten zu
kleiner oder zu grosser Vorstellungsmengen ^) und
ein dritter^) lehrt, dass die Willensvorgänge im
Grunde genommen nur eine besondere Klasse von
Affekten sind, so dass wir z. B. die Entstehung
der Sprache und überhaupt alles, was wir thun,
den von jenen erstgenannten Philosophen so niedrig
taxierten Aflfekten verdanken.
Da ist es nun nicht uninteressant, einen Blick
in die geschichtliche Entwicklung jener
Lehren zu werfen. Vielleicht bedarf jedoch die
Wahl und Gegenüberstellung der beiden Philosophen
1) cf. Lange 0., Über GemUtsbeweKungen. Eine Psycho-physiologische
Studie. Autor. Übers, v. Dr. Kurella. Leipzig. Thomas. 1887 pag. 79, 80,
jedoch schwebt Über diesen Ausführungen ein leichter Hauch von Selbst-
ironie besonders, wenn man sie mit dem Anfang der Studie vergleicht.
2) Herbart, Psychologie als Wissenschaft § 106 cit. von Eisler
Wörterbuch der Philosophischen Begriffe und Ausdrücke. Berlin 1900.
Artikel Affekt.
<*) W u n d t , Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwickelungs-
gesetze von Sprache, Mythus und Sitte. I. Bd. Sprache 1. Teil Leipzig.
Engelmann. 1900 pag. 52 und pag. 245 f. „Schmerzensschrei**, „Watschrei***
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IX
DESCARTES und HOBBES noch einer kurzen
Begründung.
Zunächst verdienen beide Lehren schon allein
dadurch Beachtung, dass sie die Gedanken zweier
so hochstehender Forscher über ein wichtiges
Gebiet der Psychologie darstellen. Allein es
lassen sich auch specielle Vorzüge gerade ihrer
Lehren unschwer angeben.
So schreibt TÖNNIES über die Lehre des
Hobbes von den Affekten:
„ . . . Hiermit hängt denn seine Lehre
von den Affekten oder Passionen aufs
engste zusammen, worin er, nicht ohne
Vorbilder der Alten sich anzueignen, eine
oft bewunderte Meisterschaft des Urteils und
der Darstellung entwickelt hat." ^)
Und WUNDT spricht sich über das in Frage
kommende Werk des Descartes, wie folgt, aus:
„Einen ähnlichen Wandel wie Empfinden
und Fühlen haben nun im Laufe der Zeit
die Begriffe Affekt imd Leidenschaft erfahren.
Wenn das letztere Wort zuerst gegen Ende
^) Tönnies, Hobbes Leben und Lehre. Stuttgart. Frommans Verlag.
1896. Bd II. von Frommanns Klassikern der Philosophie, herausgegeben
von Richard Falkenberg. pag. 180.
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X
des 17ten Jahrhunderts in der Form eines
Versuchs auftritt, den französischen Ausdruck
der „Passions de täme*^ ins Deutsche zu
übertragen, so dürfen wir darin wohl einen
Beweis für den Einfluss erblicken, welchen
Descartes berühmtes Werk über die Leiden-
schaften auf die damalige Zeit übte. In
der That ist die ganze Bedeutungs-
entwicklung der Wörter „Affekt" und
„Leidenschaft'' von diesem Werk aus-
gegangen." ^^
Weiter entwickelt Descartes in den ,yPassions
de üäme^* auch seine bekannte Lehre vom Sitz der
Seele in der Zirbeldrüse, sowie die Art, in der sie
durch das Medium der Lebensgeister auf den Körper
einwirkt.
Bei Hobbes aber werden wir manche wichtigen
späteren Lehren bereits in lebenskräftigem Keime
vorfinden.
Da weder Hobbes noch Descartes ihrer Vor-
gänger besonders Erwähnung thun, höchstens
Descartes in der Weise, dass er behauptet, keiner
habe vor ihm die Leidenschaften richtig behandelt,
1) Wandt, Zar Lehre von den Qematsbewegaogen. Philos. Studien.
Bd. 6. Engelmann. pag. 334.
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XT
so wird es gut sein, einen Blick auf die Lehre
von den Affekten vor jenen zu werfen.
Sehen wir dann auch, dass vieles, was ihnen
originell zu sein scheint, schon früheren Philosophen
vindiciert werden muss, so bleibt doch genug übrig,
um die Werke beider Philosophen als solche von
grösster Bedeutung für die Lehre von den
Gemütsbewegungen, ja für die Philosophie
überhaupt zu würdigen.
Die Ausdrücke Affekt und Leidenschaft
sollen in vorliegender Arbeit promiscue gebraucht
werden. Dasselbe thut bei den älteren Philosophen
BAÜMANN in seiner trefflichen Studie: „Ueber
die Wertschätzung der Affekte und Leiden-
schaften bei Philosophen verschiedener
Völker."') Es heisst dort:
„Wir unterscheiden heutzutage sehr geläufig
zwischen Affekten und Leidenschaften; so
triftig diese Unterscheidung ist, so ist sie
gleichwohl sehr neu. Die Menschheit und die
Philosophen haben meist beide wegen ihrer
Verwandtschaft ungeschieden behandelt."
1) Baumann, 6 Vorträge aus dem Gebiet der praktischen Philosophie.
Leipzig. Hirzel 1874. I. Über die Wertschätzung dei^Affekte und Leiden.
Schäften bei Philosophen verschiedener Völker, pag. 8.
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Leider kam die genannte Abhandlung ebenso
wie das schätzenswerte Buch von STEINITZER : ')
„Die menschlichen und tierischen Gemüts-
bewegungen als Gegenstand der Wissenschaft"
erst nach Beendigung meiner Arbeit in meine Hände.
Obwohl dieses letztere Werk sich nur mittelbar
mit unserem speziellen Gegenstande berührt, so ent-
hält es doch sehr viel Material für die Geschichte
der Leidenschaften, wie sie in unserm ersten Kapitel
ohne Kenntnis dieser Schrift skizziert ist.
Auch giebt Steinitzer darin neben einer aus-
führlichen Würdigung der einschlägigen Lehren von
Descartes auf drei Seiten eine kurze Skizze von
Hobbes' Theorie der Gemütsbewegungen.
x^^x^.° !*. ' Ludwig Harald Schütz.
Im Juü 1901. ^
1) Steinitzer, Die menschlichen und tierischen Gemütsbewegungen
als Gegenstand der Wissenschaft. Biedel. München. 1889.
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Kapitel I.
Die Lehre von den Leidenschaften vor
HOBBES und DESCARTES.
Aeqitam memento rebus in arduis
Servare meniem, non seais in bonis
Ab insoienti temperatam
Laetitia, moriiure DelH.
HORAZ, Od. II, 3.
Es kann nicht die Aufgabe dieses einleitenden
Kapitels sein, ausführlich über die Lehren von den
Affekten bis auf Hob b es zu berichten. Nur einige
der Hauptpunkte mögen hervorgehoben werden. Doch
glaubt Verfasser, dass eine ausfuhrliche Geschichte
der Lehre von den Leidenschaften von den ältesten
Zeiten bis zu den modernsten Versuchsanordnungen
eine zur Zeit bestehende Lücke ausfüllen würde.
Stihon HOMER unterscheidet eine grosse Zahl
Affekte durch besondere Bezeichnungen. Er spricht
von Begierde, Liebe, Freundschaft, Wohl-
wollen, Hass, Feindschaft, Zorn, erbittertem
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— 2 —
Zorn, Groll, Grimm, Bewunderung, Scheu,
Ueberraschung, Erstaunen, Scham, Hoffnung,
Niedergeschlagenheit, Freude, Vergnügen,
Entzücken, Frohsinn, Aerger, Trauer, Leid,
Sorge, Mut, Kühnheit, Furcht, Angst, Mit-
leid und Wut. 1)
HIPPOKRATES „drang in das menschliche
Herz, um dort den Gang und die Wirkungen der
Leidenschaften zu verfolgen."^ Ausserdem ist er der
eigentliche Begründer der Temperamentenlehre,
dessen Ausfahrungen von Galen weiter ausgebildet
wurden. ^
SOKRATES lehrte, dass die Erbebung über
die Affekte das Glück bedinge.*)
1) cf. Betzlaff, Vonehale sa Homer, I. Teil, Homerische Antiqui-
tftten in Form eines Vokabulariums, 2. Auflage. Beriin 1881. 0. VII der
Menseh. 0. der Geist und seine Funktionen; vgl. auch P.A. Carus, Ge-
schichte der Psychologie. Nachgel. Werke 8 Fl. Leipzig 1806. pag. 114 ff.
^ cf. Degerando, hUtoire comparie de» nystimes de phiiosophie conaid^ee»
retativement aux principe» de« eotmaisaance« humaine». 2 ^d. T. 1er Paris 1882.
pag. 492.
8) cf. Visier, Wörterbuch der philosophischen Begriffe u. Ausdrücke.
Berlin 1900. Mittler & Sohn unter „Temperament".
Eine gewisse Wichtigkeit kommt der Lehre von den Tempe-
ramenten wohl insofern zu, als hierdurch die wesentliche Bedeutung
körperlicher Beschaffenheit auf Gemütsveranlagung ausgedrückt wird.
Gegen die einflfeitige schablonenmftssige Anwendung d er Temperamente
gilt dagegen, was Baumann sagt: man könne „viel mehr Temperamente
unterscheiden, und in der Wirklichkeit lassen sich In der That diese vielen
aufweisen.** Handbuch der Moral. Leipzig, Hirzel 1879. pag. 51.
Eisler meint: Besser als die Einteiluug nach Temperamenten „ist
die nach der Intensität und der Geschwindigkeit der Gemütserregungen.**
Psychologie im Umriss. Leipzig. Schnurpfeil 1894. pag. 98.
Bau mann teilt die Charaktere ein nach der Art des Vorwiegens eines
der physiologisch-psychologischen Hauptsysteme (1. c. pag. 53 u. passim).
4) cf. Seh wegler, Geschichte der Philosophie im Umriss. Stuttgart,
Conrad! 1868. 6. Auflage, pag. 45.
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- 3 —
ARISTIPP und die Cyrenaiker kennen zwei
Arten von ti«»^, Lust und Unlust/)
PLATO betont gerade bei den Affekten sehr
scharf die gegenseitige Abhängigkeit des
Körpers und des Geistes. Und zwar heisst es
im „Timäus"^):
„Wird die Seele von heftigen Leidenschaften
bewegt, so erfüllt sie den ganzen Körper
durch Erschütterungen von innen mit Krank-
heiten und löst, wenn sie allzu angestrengt
gewissen Kenntnissen und Untersuchungen
nachjagt, den Körper auf."
Im „Philebus" ^) rechnet Plato Zorn, Furcht,
Sehnsucht, Jammer, Liebe, Eifersucht und
Missgunst unter die aus Schmerz und Lust ge-
mischten Gefühle der Seele.
Im neunten Buch „vom Staat"*) schildert er die
Macht der Begierden und die Notwendigkeit, sie zu
bekämpfen, sowohl im eigenen Interesse wie in dem
des Staats.
Er teilt der Seele drei Vermögen zu, die Begierde
nach Weisheit, die Leidenschaft in derHerrsch-
sucht gipfelnd und das Streben nach Gewinn.
Dabei ist seine Bemerkung uns interessant, dass
das leidenschaftliche Vermögen stets darauf gerichtet
1) cf. Eisler I.e. unter „Affekte
2) cf. Plato, Timäus 88. (Uebersetzung von Hieronymus Müller
Leipzig, Brockhaas 1857. Bd. VI. pag. 216.)
»; cf. Piato, Philebos 47. Müller. Bd. IV. pag. 720.
«) cf. Plato, Staat IX. 580. Müller, pag. 606. Bd. V; ib. 581.
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— 4 —
sei, die Oberhand zu gewinnen, obzusiegen und sich
hervorzuthun. Einer ganz ähnlichen Auffassung
werden wir nämlich bei Hobbes begegnen.
Schliesslich möge noch eine Stelle des „Gorgias" ^)
angezogen werden, die einen Leser leicht dazu führen
könnte, sie auf die Bedeutung der Affekte für
die Entstehung der Sprache anzuwenden.
Sie lautet:
„Wenn nicht dieselben Leidenschaften die
Menschen bewegten, die Einen in dieser, die
Andern in anderer Weise, sondern jemand
von uns eine vor andern eigentümliche Leiden-
schaft fühlte, dann wäre es nicht leicht,
Andern begreiflich zu machen, was sein
Gemüt bewegt."
Von den Werken des ARISTOTELES kommt
vor Allem die Nikomacheische Ethik in Betracht.
Dort heisst es : ^)
„In der Seele bestehen dreierlei Zustände,
nämlich erstens Gefühle und Affekte,
zweitens Vermögen und drittens feste
Neigungen oder Richtungen. . .
Unter Gefühlen und Affekten ver-
stehe ich die Begierden, den Zorn, die Furcht,
die Kühnheit, den Neid, die Dankbarkeit,
M cf. Plato, Gorgias 481. Müller. Bd. II. pag. 444.
2) Aristoteles, Kikomacheische Ethik Qbers. u. erl. von v. Kirch-
inann. Leipzig 1876. pag. 30.
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die Liebe, den Hass, die Sehnsucht, den
Eifer, das Mitleiden und überhaupt alle
Zustände, vermöge deren wir zornig oder
traurig oder mitleidig werden können."
„Feste Neigungen und Richtungen^)
(f|wf) sind endlich die Zustände, vermöge
deren wir uns gut oder schlecht zu den
Gefühlen oder Affekten verhalten."
Zu diesen festen Neigungen gehören die
Tugenden.
Wie man durch Zitherspielen ein Zither-
spieler wird, so wird man tugendhaft durch
tugendhaftes Verhalten.
Sehr charakteristisch und bemerkenswert mit
Rücksicht auf die Stellungnahme anderer Philosophen
zum gleichen Problem ist des Aristoteles „Behand-
lung des Zorns".
Er tadelt bei demselben nur das Zuviel, lobt
aber das rechte Mittehalten bei demselben als nQaoTrjg,"
Ausführlich beschäftigt sich Aristoteles mit
den Affekten auch in seiner Rhetorik. Die dort im
zweiten Buche gegebenen Schilderungen^) der
1) Aristoteles ib. Bd. IV, Kap. IT. v. Rirchmann bemerkt hierzu:
,,In jedem Handeln ist ein Wollen und ein Fühlen d. h. ein Affekt enthalten
. . . der Zorn in seiner allgemeinen Bedeutung bewegt sich nur um dieses
ernste Wollen und Fühlen ... Er kann bei jeder Tugend und jedem Laster
vorkommen und er bezeichnet deshalb nicht eine besondere Tugend, sondern
ein Element in jeder Tugend .... Aus dieser Natur des Zorns . . . erklärt
sich das Schwanken der Sitte in Bezug auf Namen und Inhalt des Zorns."
«) Aristoteles, RhetoHca, Graeco-Lat. Oantabrlgae 1728. Ltb. II.
Kap. I— XIX. pag. 213—310.
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Leidenschaften der einzelnen Lebensalter
werden mit Recht bewundert. Auch der Einfluss
des Geldes und der Macht auf die Sitten wird lebendig
geschildert. Gleich wie man hierdurch an La
Bruy^re's^) glänzende Schilderung der beiden ver-
schiedenen Charaktere mit dem jedesmaligen wuchtigen
Schlusssatz: „II est riche, 11 est pauvre", erinnert wird,
so hat diese Schilderung der Charaktere in der
Rhetorik des Aristoteles einen unmittelbaren
Schüler in THEOPHRAST, dem klassischen Vorbild
des Franzosen.
Ohne dass an dieser Stelle auf Theophrast's
Charaktere weiter eingegangen werden soll, sei
doch hervorgehoben, dass die meisterhaften Schil-
derungen der Leidenschaften in diesem Werke von
philosophisclier Seite viel zu wenig gewürdigt worden
zu sein scheinen, '^) mag nun die Schrift wirklich
unecht sein oder nicht.
Eine eigene Schrift des Theophrast 7it()i 7i«^wy
ist uns verloren gegangen. Nach Seneca und an-
deren behauptete er jedoch die Naturgemässheit und
1) La Bruyere, Les caracteres tome I. Paris. Pougin 1838.
paftr. 202. ff. Des biens de fortune.
2) So sagt Zell er. Die Pbilosophie der Griechen in ihrer geschicht-
lichen Entwicklung. 2 Fl. 2. Abt. 3. Auflage. Leipzig 1879. pag. 813.
„Die Charaktere sind nur ein dürftiger und mit mancherlei fremden Zuthaten
vermehrter Auszug, wahrscheinlich aus Theophrast» Ethik. Auf pag. 85
stellt er seine Vermutungen tlber die Entstehung der uns vorliegenden Form
der Charaktere auf. Den Wert der Charaktere schildert dagegen schön
Casaubonus vide Theophrasti Characteres ethici graece et latine
cum notis ac emendatlonlbus Js. Casauboni etc. Cantabrigae. Typis
Academicis. 1712.
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— 7 —
Unvermeidlichkeit des Zorns über das Schlechte und
Empörende, während er im übrigen verlangt, dass
man nicht im Affekt handle. Auch erklärt er die
Verfehlungen der Begierde für schlimmer als die des
Zorns, weil es schlimmer sei, aus Lust als aus Schmerz
zu fehlen. ^)
DEMOKRIT und EPIKUR setzten das höchste
Gut in die Ruhe der Seele, so dass sie sich insofern
mit ihren gleich zu besprechenden Gegnern, den
Stoikern, berührten, wie dies Heinz e für das ethische
Ziel beider und F. A. Lange in Bezug auf einen
andern Punkt ihrer Ethik nachweist. ^)
Die Lehren des Epikur und die der Stoa über
die Affekte müssen hier schon aus dem Grunde be-
sonders hervorgehoben \<^erden, weil Üescartes
selbst glaubt, in seinen ethischen Sätzen die stoische
und die epikureische Lehre zu vereinigen.^)
Die Stoiker lehrten, dass die Affekte ein Übel
seien. Ihre diesbezüglichen Hauptsätze seien hier
nach Zeller, wo die Quellen einzusehen sind, kurz
wiedergegeben. ^)
Der Affekt oder die Leidenschaft ist die Ver-
nunft- und naturwidrige Gemütsbewegung. Alle
Affekte beruhen auf dem Mangel an Selbst-
1) cf. Zeller I.e. pag. 861. Seneca de ira F, 14. 1; 12, 1-3.
*) cf. Helnze^ Die Sittenlehre des Des cartes. Vortrag. Leipzig,
Hinrieh 1872. pag. 23 und Lange, Geschichte des Materialismus u. Kritik
seiner Bedeutung in der Gegenwart. 1. ö. Aufl. Iserlohn. Baedeker 1876.
pag. 78.
8) cf. Heinze 1. c.
*) cf. Zeller Lc. 3,1. pag. 225 ff.
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— 8 —
beherrschung. Sie werden durch falsche Vor-
stellungen hervorgerufen. Diese selbst können sich
auf gegenwärtige oder zukünftige Güter oder Uebel
beziehen.
Hiernach ergeben sich vier Hauptklassen
falscher Vorstellungen, denen folgende vier
Gattungen Affekte entsprechen:
Lust, Begierde, Bekümmernis und Furcht.
Diesbezüglich sagt Baumann: „Der Virgilische
Vers:
hinc metuunt cupiuntque dolent gaudentque,
schildert nach den Stoikern in unübertrefflicher Kürze
das Sein des Menschen auf dieser Stufe." ^)
Die Affekte sind Verfehlungen, Störungen der
geistigen Gesundheit, und, wenn sie habituell werden,
förmliche Seelenkrankheiten, ganz ähnlich, wie später
Kant von ihnen als Krankheiten des Gemüts redet. ^)
Der Weise muss von ihnen frei sein. Die Tugend
besteht in der Freiheit von Affekten, in der Apathie.
Dem gegenüber will nun Descartes die Menschen
nicht von allen Affekten frei sehen. Sie bringen uns
im Gegenteil Nutzen und Freude, nur müssen sie
eingedämmt werden. ^)
1) cf. Bau mann, Philosophie als Orientierung üher die Welt.
Leipzig, mrzel 1872. pag. 13.
S) cf. K a n t , Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. HI. Buch, § 71.
«) cf. Heinzel.c. pag. 15, 16. Descartes, passions de r&mc
P.I.Art. 50. P. HI. Art. 211. P. 11. Art. 62. Lettres & Mad. Elizabeth, T. IX.
229. T. X. 304. (ed. Cousin), cf. auch Plessner, Die Lehre von den
Leidenschaften bei Descartes. Ein Beitrag zur Beurteilung seiner prak-
tischen Philosophie. In. Diss. Leipzig 1888. pag. 85.
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— 9 —
Insofern scheint also Descartes der Lehre
Epikurs näher zu stehen.
Doch stimmt er, wie Heinze betont/) mit den
Stoikern überein in der Bestimmung der Affekte
als Täuschungen des Urteils, und, wie wir sehen
werden, zum Teil in der materiellen Auffassung der
Leidenschaften. ^
Hobbes — um dies hier einzuschalten — steht
in der Beurteilung der Affekte auf dem Standpunkt
des Aristoteles.
Auch ein Stoiker nähert sich in seiner Lehre
von den Affekten dem Plato und den Peripatetikern
und zwar kein geringerer als der durch seine universelle
Bildung und Originalität auf den verschiedensten
Wissensgebieten hervorragende POSIDONIUS.
Er findet es^) ebenso wie Plato widersinnig,
dass die Vernunft Ursache der Leidenschaften sein
soll, zeigt den Irrtum der stoischen Lehre, dass die
Affekte aus falschen Ueberlegungen entsprängen und
folgt somit der Platonischen Lehre, die den Ur-
sprung der Affekte im Mut und Begehrungsvermögeu
finden, die beide vom Körper abhängen.
Die Darstellung seiner Lehren findet sich bei
Galen in der Schrift „de Hippocrate et Piatone".
1) cf. HeiDzel. c. pag. 16.
^ lieber diese materielle Auffassung der Leidenschaften bei den
Stoikern cf. Lange, Gesch. d. Mat., I. pag. 72.
3) cf. Zell er 1. c. pag. 579 von Bd. 3, 1.
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— 10 —
Galen hat auch in seinen andern Werken vieles
für uns Wichtige. Er bezeichnet das Hirn als Princip
der Empfindung und willkürlichen Bewegung; für
andere Lebensthätigkeiten wie Affekte und unwill-
kürliche Bewegung nennt er das Herz den Sitz.^)
Ein grosses hier nur anzudeutendes Verdienst
Galen s besteht in der grösseren Genauigkeit, mit
der er die Lehre von den Nerven vorträgt, die
Aristoteles noch nicht kannte, und die erst bald
nach dem Stagiriten von Herophilus und Erasi-
stratus beschrieben werden.^)
Was uns aber besonders interessieren muss, ist,
dass Galen bemerkt: „Nach Ansicht einiger sei die
Zirbeldrüse, die zu Anfange des Ganges stehe, der
das Pneuma aus dem mittleren Hirnventrikel in das
des Kleinhirns überführe, eine Art Wächter und gleich-
sam ControUeur {ta^uias) in Bezug auf den hinlänglichen
Vorrat an Pneuma, der durch die Nervenleitungen den
Organen des übrigen Leibes zugeführt werden muss."
Er bringt somit eine Lehre, die mit der später
zu besprechenden des Descartes grosse Aehnlichkeit
hat, worauf Sieb eck, dem obige Stelle entnommen
ist, bereits hinweist.^)
Die Bedeutung Galens für die Entwicklung der
Lehre von den Temperamenten befindet sich
1) Siehe die Darstellung? der Lehren Galens bei Sieb eck, Geschichte
der Psycholoprie. Gotha, Perthes 1884. I. 2. pag. 269 ff.
2) ib. pag. 33 u. pag. 190 ff.
3) ib. pag. 270.
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— 11 —
gleichfalls in Siebecks Geschichte der Psychologie
ausführlich erörtert.
Sehen wir nun, wie das neue Testament und
die Patristik sich zu der Lehre von den Leiden-
schaften verhalten.^)
Der Affekt im allgemeinen ist weder nach der
Lehre des Judentums (Affekte bei Gott) noch nach
der des neuen Testamentes zu verwerfen.
So sagt Eucken vom Christentum: Galt es
sonst als Pflicht, die Affekte möglichst nieder-
zukämpfen, so geht hier der Weg zur Höhe durch
eine gewaltige Erregung der Affekte. ^)
In der That wird Christus bewegt von Traurig-
keit (Matth. 26,38 ;Joh.l 1,33), Wehmut (Luc. 19, 41),
Angst (Lucas 22, 44), Mitleiden (Matth. 9, 36;
Lucas 7, 11 u. f.), Entrüstung (Matth. 21, 12; Joh.
2, 14—17; Marc. 3, 5), Freude und Entzücken
(Lucas 10, 21), und zwar teilweise sehr stark
(Marc. 3,21; Lucas 22,44; Joh. 11,33, Lucas 19,41). ^)
Und liegt nicht der Kern des Christentums in
einem veredelten Affekt: in der Liebe? ^)
1) Siebeck ib. pa^. 283 f.
3) cf. E u c k e n , Die Lebensanschauungen der grossen Denker. Leipzig.
Veit & Comp. 1890. pag. 167, 168.
8) Die hier gegebene Zusammenstellung über die Affekte Christi ist
der Realencyklopädie für protestantische Theologie u. Kirche von Herzog,
Hamburg 1854, entnommen.
*) 8o heisst es bei Joh. v. Salisbury: Gott ist nicht blos durch
den Affekt der Liebe, sondern auch durch werkthätige Ausführung desselbeYi
zu verehren. Stöckl, Geschichte des Mittelalters. Bd. 1. pag. 430.
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— 12 —
Auch bei den Jüngern lassen sich die Affekte
deutlich erkennen. Während Paulus und der Ver-
fasser der Apokalypse von sthenischen Affekten be-
herrscht werden, ist der des Evangelisten Johannes
mehr schmelzend. ^)
Jedoch soll in den Affekten das rechte Mass
gehalten werden. (Eph. 4, 26; 1. Petri 4, 8; 5, 8;
1. Cor. 7, 30). Die Affekte aus rein persönlichen
Gründen sollen zurücktreten (Matth, 5, 22 — 30),
andere vorherrschen (2. Cor. 11, 29 u. a.) ^
Diese Auffassung der Bibel von den Leiden-
schaften tritt sehr deutlich hervor bei TERTULLIAN.
Er kann der Platonischen Zweiteilung der Seele
in das Mutartige und Begehrliche nicht unbedingt
zustimmen, denn von Gott selbst und von Christus
werden uns ja Aeusserungen des Unwillens und
Begehrens berichtet. ^)
PL TIN sucht die Lehre von der Un Veränder-
lichkeit der Seele in folgender Weise mit dem
Bestehen der Affekte zu versöhnen:
„Mit der Vorstellung von etwas Hässlichem
tritt in die Seele die Scham ein, während
nur die Seele dies gleichsam hat, ....
wird der von der Seele abhängige und mit
dem Unbeseelten nicht identische Körper mit
1) Herzog 1. c.
2) ib.
3) cf. Ter tul Hans Psychologie und Erkenntnistheorie, dargestellt
von G. R. Hauschild. Programm des städt. Gymnasiums zu Frankfurt
am Main, Ostern 1880.
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— 13 —
seinem leichten Blute erregt. . . . Auch bei
der Freude findet die Heiterkeit und das,
was zur sinnlichen Wahrnehmung gelangt, am
Körper statt; das was in der Seele vorgeht,
ist nicht mehr Affekt.** (Ennead III, 6. 3). ^)
AUGUSTIN definiert:
Motus animi graeci ti«^»;, nostri autem quidam (sicut
Cicero) perturbationes, quidam aflfectiones vel afFectus, quidam
vero sicut iste de graeco, expressius passiones vocant. ^)
Klar spricht sich Augustin in verschiedenen
Schriften dahin aus, dass die Leidenschaft unbezähmt
den Menschen zum Tier macht, beherrscht und unter-
worfen aber nicht nur tadelfreie, sondern sogar
löbliche Gemütserregungen hervorruft. ^)
So ist ihm die Ansicht jener Philosophen grund-
falsch, die behaupten, dass der Weise leiden-
schaftslos sei. *)
In der Beherrschung der Leidenschaften, die
zahlloser sind als die Kopfhaare, ^) besteht die
Seligkeit (vita beata) des Menschen. ^
AMBRO SIUS hatte die Zeit, in der die Seele
von den körperlichen Bewegungen und Leidenschaften
1) cf. Eisler 1. c. pag. 18.
2) cf. 8. Aug. Lib. 9 de Civitate Dei cap. 4. (v. Roberti Camera-
censis Aurifodina. Köln 1731. Art. Motus animi et corporis.)
8) cf. S. Aug. Lib. 1 de Genesi contra Manicbaeos cap. 20. Lib. 14
de civ. Dei cap. 6. Aurifodina 1. c.
*) cf. 8. Aug. 8up. evang. Joan. tract. 66 de cap. 13. Aurif 1. i.
^) cf. 8. Aug. lib. 4 confess. cap. 14. Aurif. 1. c.
<0 cf. 8. Aug. de Genesi contra Manicb. cap. 20. Aurifod. 1. c.
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14
ergriffen ist, als die beste Gelegenheit für den bösen
Feind bezeichnet, dem Seelenheil nachzustellen. ^)
Augustin ist, wie wir sahen, davon weit ent-
fernt, die Leidenschaften im allgemeinen zu ver-
werfen. Er kennt „löbliche" Gemütsbewegungen —
laudabiles motus.
Auch dem körperlichen Ausdruck der Leiden-
schaften schenkte Augustin seine Aufmerksamkeit. ^
Noch sei erwähnt, dass GREGOR VON NYSSA
bereits eine Ansicht entwickelt, der wir später noch
oft begegnen werden. Er unterscheidet beim Men-
schen Seele, Geist und Logos als eine psychische
Trinität, die der göttlichen entspricht. ^
Von De ge ran do wieder ans Licht gezogen
wurden die Schriften des NEMESIÜS. Für Nemesius
ist die Seele eine intelligente Substanz, der der
Körper als Instrument dient. Seine Psychologie ist
nach Degerando auf Beobachtung und Erfahrung
gegründet und fusst auf Hippokrates, Aristoteles
und Galen, legt jedoch den Nachdruck auf das
psychische Moment. *)
Mit BOETHIUS betreten wir den Boden des
Mittelalters.
Im Beginne seines berühmten Werkes de conso-
latione Philosophiae wird er in einem Klagelied von
1) cf. 8. Ambr. Lib. 1. de offlc. cap. 4. Aurif. 1. c.
») Nonnulli motus animorum apparent in vultu, et maxime tn oculis cf. Anm. 40.
8) cf. Siebeck I.e. I. 2. paR. 376.
*) cf. Degerando I. c. t. IV. pag. 76.
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— 15 —
der Philosophie, seiner hohen Gönnerin, unterbrochen,
die zornig die Musen fortweist, welche die frucht-
reiche Saat der Vernunft durch das fruchtlose Dorn-
gestrüpp der Affekte ersticken lassen. Allerdings
hindert sie dies nicht, unmittelbar darauf ihrem
Kummer über die perturbatio animi ihres Freundes
selbst in Versen Luft zu machen.
Nachdem es ihr dann allmählich gelungen, ihn
Trostgründen zugänglich zu machen, schliesst das
erste Buch mit den für Boethius' Auffassung ^) von
den Affekten charakteristischen, oft citierten Versen:
Saudia pelle,
Pelle timorem,
Spemque fugato.
Nee dolor adsit.
Nubila mens est,
"N^inctaque frenis
34aec ubi regnant.
Im Jahrhundert nach Boethius haben wir
SIMPLICIUS, der die verschiedenen Arten von
Begehrungen auf 3 Arten von Relation der Seele,
nämlich zu dem Leibe, zu sich selbst und zu dem,
was über ihr ist, zurückführt. *^)
Im siebenten Jahrhundert unterscheidet
PHILOPONÜS die ^navfxCa von der if,vTtxj\ divafitg
1) cf. Boethius, De consolatione philosophiae IIb. I.
i>) cf. Simpllcius de an. II. 88 f. Siebeoki. c. pag. 345.
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— 16 —
das beisst, das seelische Begehren nach bestimmten
Objekten von dem bloss organisch -körperlichen
Drängen. ^)
Bei ALCUIN im achten Jahrhundert be-
gegnen wir wieder der Auffassung der Seele als
eines Bildes der Trinität: Er unterscheidet Gedächt-
nis, Intelligenz und Willen wie schon bei Augustin.
Dies gilt von der vernünftigen Seele. Die Seele
im allgemeinen zerfällt nämlich „nach den Meinungen
der Philosophen'* in drei Teile, in den vernünfti-
gen, irasciblen und begehrlichen. Während der
Mensch die Begierde und den Zorn mit den Tieren
gemein hat, überragt er sie durch die Vernunft. ^)
Auch im neunten Jahrhundert finden wir
wieder bei SCOTUS ERIGENA die Analogie der
Erkenntniskräfte des Menschen mit der göttlichen
Trinität betont.
Nach Scotus Erigena erkennt der Mensch wie
ein Engel, schliesst wie ein Mensch, empfindet wie
das vernunftlose Tier, lebt wie die Pflanze und
existiert nach Leib und Seele.
Bei Ausführung des Bildes „der Mensch, die
Werkstätte aller Oreaturen", heisst es:
„Die wilden Tiere endlich drücken die ver-
nunftwidrigen Triebe der menschlichen Natur
aus, wie Wut, Begierde u. s. w., welche ihr aus
den unvernünftigen Tieren eingepflanzt sind."
1) cf. SJebeck I.e. pag. 356.
«) cf. Stöckl I.e. (Änm. 31) Bd. 1. pag. 19.
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— 17 —
Der tierische Leib des Menschen ist eine Strafe. ^)
Im zehnten Jahrhundert beginnt die Zeit
der grossen arabischen Philosophen.
Bei AVICENNA finden wir eine interessante
Beziehung zwischen Wille und Begehrungs-
vermögen. Beim Menschen werden unterschieden
Aehnlichkeit mit der Pflanzenseele und mit der
Tierseele, sowie die ihm eigene Vernunft. Nun wird
wenigstens vom Tier behauptet, die bewegende
Macht liege bei ihm im sinnlichen Begehren, durch
dieses werde es zu aller Thätigkeit determiniert.
Auf ein hübsches Bild, das Avicenna bei dieser
Gelegenheit braucht, indem diese bewegende Kraft
mit einem Fürsten, die Sinne mit Spähern und das
Gedächtnis mit einem Schatz verglichen werden, sei
wenigstens verwiesen. ^)
Anders verhält es sich freilich nach Avicenna
beim Menschen. Der hat seine Sinnlichkeit zur Strafe. ^)
Im elften Jahrhundert findet sich bei ANSELM
VON CANTERBURY wieder die Seele als Bild
der Trinität bezeichnet. Er unterscheidet Gedächt-
nis, Verstand und Wille. ^)
ADELARD VON BATH im zwölften Jahr-
hundert nennt in seiner Schrift de eodem et diverse
1) cf. 8 t ö c k 1 1. c. pag. 82, 86, 100.
8) ib. pag. 35, 38 v. Bd. 2.
S) Ib. pag. 38.
*) Ib. Bd. 1. pag. 182.
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18
Zorn und Begierde als Correktive der übrigen
Leidenschaften. ^)
Sein etwas späterer Zeitgenosse BERNHARD
VON CLAIRVAUX hat die oben bei Anselra er-
wähnten Seelenkräfte wieder als Bild der Trinität.
Ihm ist die Seele ferner unmittelbar das Princip des
leiblichen Lebens, der sinnlichen Empfindung und
der Bewegung. ^)
HUGO VON ST. VICTOR unterscheidet fleisch-
liches und geistiges Begehrungsvermögen. ^)
Grösseres Interesse beansprucht für uns RICHARD
VON ST. VICTOR. Dieser zählt sieben Haupt-
affekte auf: Hoffnung, Furcht, Freude,
Schmerz, Hass, Liebe und Scham. Die Zahl 7
giebt ihm Anlass zu einer merkwürdigen Symbolik,
in der er den göttlichen Geist mit Jacob, den Willen
mit der Lea, deren 7 Kinder mit 7 Haupttugenden
vergleicht, die wieder nach den 7 Hauptaflfekten aus-
geschieden werden.
Schon hieraus sieht man, dass Richard den
Affekten eine führende Rolle zugesteht. In der That
ist ihm die Tugend nichts anderes als der ge-
ordnete und in rechtem Mass gehaltene Affekt.^)
Entsprechend nennt sein Zeitgenosse ISAAK
VON STELLA die aus der Concupiscibilität ent-
1) cf. StOckl I.e. pag. 209.
a) Ib. pag. 395.
8) ib. paff. 335.
*) ib. pag. 372.
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-: 19
Springende Freude und Hoffnung und die aus der
Irascibilität kommenden Affekte des Schmerzes
und der Furcht die Elemente oder geraeinsame
Materie aller Tugenden und Laster. ^)
Ebenfalls dem zwölften Jahrhundert gehört
Moses Maimonides an, der die Sünden und Laster
aus der Materie entspringen lässt, während alle
Tugenden in dem eigentlichen Wesen des Menschen
begründet sind. Der Mensch dämpft durch die Kraft
seines Wesens die Glut der Leidenschaften und des
auflodernden Zorns. Die Materie aber verleitet zu
allen unedlen Begierden und Leidenschaften. ^^)
Bereits die CABBALAH suchte die Einkehr
Gottes in vollständiger Passivität des Gemüts. ^)
Das nun folgende dreizehnte Jahrhundert
ist besonders reich an Philosophen. Für uns kommt
zunächst in Betracht ALBERT DER GROSSE. Im
Begehrungsvermögen unterscheidet er zunächst einen
sinnlichen und einen intellectiveu Teil.
Der erstere zerfällt wieder in die Concupis-
cibilität und die Irascibilität. Die Concupis-
cibilität will das sinnlich Gute, die Irascibilität lehnt
sich gegen die im Wege stehenden Hindernisse auf.
Soweit beides natürlich ist, ist es gut. Dagegen ist
die gegen die Vernunft das Unerlaubte anstrebende
1) cf. Stöckl 1. c. pag. 3^
«) ib. pag. 288 von Bd. 2.
8) ib. pag. 248.
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— 20 —
Sensualität eine Folge der ersten Sünde. Der intel-
lective Teil des Begehrungsvermögeos aber wird
Wille genannt.^)
Auch hier haben wir also die enge Beziehung
zwischen Affekt und Wille betont.
Eine eingehende Behandlung lässt den Affekten
THOMAS VON AQUINO angedeihen. Der appetitus
sensibilis oder das sinnliche Begehrungsvermögen ist
eine motorische Kraft, die per modum imperantis bewegt.
Ausführlich begründet er das Verhältnis der beiden
Kräfte dieses Vermögens, der Irascibilität und der
Concupiscibilität. Die erstere ist der eigentliche
Vorkämpfer der zweiten und steht der Vernunft und
dem Willen näher als diese.
Die Affekte sind lebhaftere Bewegungen der
sensitiven Seele im Bereiche des sinnlichen Begehrens.
Sie sind verschieden, je nachdem sie unter die
Concupiscibilität oder Irascibilität fallen. ^)
Die folgende Tabelle ist Siebecks Geschichte
der Psychologie ^ entnommen und giebt eine Ueber-
sicht der sechs Grundaffekte, die Thomas aufzählt.
Concupiscible Irascible
Affekte
Liebe — Hass
Verlangen — Abscheu
Freude — Trauer.
Hoffnung — Verzagung
Mut — Furcht
Zorn.
i) cf. Stöckl 1. c. pag. 415.
2) ib. pag. 698 f.
8) cf. Siebeck I.e. IS. pag. 468.
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— 21 —
Betreffs der weiteren Ausführung der Thomas-
schen Lehre von den Affekten sei auf Stock 1, Siebeck
und Frohschainmer verwiesen. ^)
Diese Einteilung der Affekte durch Thomas
von Aquino ist noch heute von der katholischen
Kirche angenommen.^) Dagegen stellt Descartes
seine eigene Neueinteilung als grundsätzlich ver-
schieden von der alten Einteilung in isracible und
concupiscible hin. ^) •
Die Lehre des DUNS SOOTUS über die sittliche
Bewertung des Begehrungsvermögens stimmt im
wesentlichen überein mit der oben erwähnten des
Albertus Magnus. ^)
Der Nominalismus tritt in Gegensatz zu den
bisher besprocheneu Lehren, indem er die Unter-
scheidung besonderer Seelenkräfte fallen lässt. ^)
Eine grosse Rolle spielen die Affekte bei den
Mystikern des vierzehnten Jahrhunderts. Ihnen
1) cf. Stöckl 1. c. Slebert 1. c Frohachammer, Die Philosophie
des Thomas von Aqaino kritisch gewürdigt. Leipzig, Brockhaus 1889. pag.
354 f. Die in Betracht kommenden Stellen des Thomas finden sich ferner
besonders zusammengestellt im Artikel passio des Thomas-Lexikon von
L. Schütz. Paderborn, Schöningh 1881.
8) cf. Elemente der Psychologie (Heft des Repertoriums der Philo-
sophie für Studierende der katholischen Theologie) [Nach Dr. Stöckl's
Lehrbuch der Philosophie], Mainz, Kirchhelm 1899. pag. 30 f.
8) cf. Descartes, passions de l'dme II Part. Art. 68.
*) cf. StOckI 1. c. pag. 862, wo aber die grosse Aehnlichkeit der
beiden Leliren nicht betönt wird.
^) cf. Die Lehre des Okicam Stöckl 1. c. pag. 1017 die des Joh.
B arid Anus ib. pag. 1023.
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— 22 —
ist das „Gemüt" der alleroberste Teil der Seele,
wie Tauler sagt. ^)
Der Mystiker Gerson unterscheidet zwei Grund-
vermögen der Seele, das Erkenntnisvermögen und
das Begehrungsvermögen oder Gemüt, (vis cognitiva
und aflfectiva) im Anschluss an Richard von St.
Victor und Bonaventura. ^ Wir werden später
sehen, dass auch Hobbes power cogDitive und power
motive unterscheidet.
Wir können das vierzehnte Jahrhundert
nicht verlassen, ohne eines Werkes zu gedenken,
das sich vom ethischen Gesichtspunkt aus sehr ein-
gehend mit den Affekten befasst.
Es ist dies die Schrift des berühmten italienischen
Dichters und Gelehrten PETRARCA: „de remediis
utriusque Fortunae."
Diese Schrift behandelt alle möglichen körper-
lichen und geistigen Fähigkeiten, alle Arten von
Besitz, alle Arten von Geschehnissen, die den Men-
schen mit ausgelassener Freude oder mit bitterem
Kummer, mit Stolz oder Niedergeschlagenheit erfüllen
können. Ueber jeden dieser Gegenstände führen
dann Freude (Gaudium) und Vernunft (Ratio) oder
Schmerz (Dolor) und Vernunft (Ratio) ein Gespräch.
1) cf. stock 1 I.e. pag. 1122.
2) cf. Stock 1 1. c. pag. 1089, auch die Trinitätslehre macht ihren
Einfluss geltend, so bei T aal er cf. Stock 1 1. c. pag. 1122.
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— 23 —
Für eine feine psychologische Auffassung möchte
ich es halten, wenn hierbei Petrarca die Freude
resp. den Schmerz den langen Mahnungen der Ver-
nunft nur ein kurzes „aber ich bin so froh darüber"
oder stets denselben Schmerzensausruf wieder-
holen lässt.^)
Im fünfzehnten Jahrhundert treffen wir
zunächst auf den Cardinal NIOOLAÜS VON CüSA.
Seine bei Hobbes wiederkehrende Hochschätzung
der Mathematik spricht sich in dem Satze aus:
„Alle grossen Männer haben, wenn sie etwas
Grosses ausgesprochen, dasselbe in mathe-
matischen Bildern darzustellen gesucht."
Der Mensch is ihm die Welt im Kleinen, ein
menschlicher Gott. Die Wirksamkeit der Seele auf
den Leib wird vermittelt durch den Lebensgeist,
dessen Sitz das Blut ist. ^)
Diese Lehre von den Lebensgeistern wird uns
später bei Descartes wiederbegegnen.
Eine Zusammenstellung derAn sichten über
die Lebensgeister giebt Eisler in seinem „Wörter-
buch der philosophischen Begriffe und Ausdrücke" im
Artikel „Lebensgeister", während in Siebeck's treff-
licher „Geschichte der Psychologie" die Entwicklung
dieser Theorie in ihrem Zusammenhang mit der uralten
^) cf. Petrarca, I>tf remedü» utriusque forhtnae paasim.
«) cf. Stöckl I.e. IIT. pag. 88.
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— 24: —
Pneumalehre ausführlich dargestellt ist. Wir werden
darauf in Kapitel V. kurz zurückkommen.
Ei 8 1er nennt vor Descartes die folgenden
Philosophen :
Stoiker, Galen, Nemesius, Augustinus,
Scaliger, Telesius (Derernat. V,5), Melanchthon
(De an. p. 135), Baco (Nov. Org. II, 7) und Hobbes
(De corp. C. 25).
Noch sei hier erwähnt eine Stelle des Thomas
von Aquino: spiritus, qui est quoddam corpus subtile,
medium est in unione corporis etanimae. Summa theologiae 76,
7 ob. 2. 1)
Im sechszehnt en Jahrhundert finden wir
zunächst eine eigentümliche Ansicht über den Wert
der Affekte bei GIORDANO BRUNO. Ihm ist die
heroische Liebe die höchste Tugend, unter deren Ein-
fluss wir weder Schmerzen noch Affekte mehr fühlen. ^)
Während Giordano Bruno so in seiner Weise
die Ataraxia der Stoiker zu seinem Ideal macht, weiss
er demselben, um darauf hinzuweisen, dass es nicht
in Unthätigkeit ausarten soll, doch keinen besseren
Namen zu geben, als den eines geläuterten Affekts.
Bei OÄSALPINUS begegnen wir wieder dem
Lebensgeist. ^
Bedauert er, dass das reine Denken durch die
Leidenschaften und Begierden des niederen Seins im
1) cf. L. Schlitz, Thomaslexikon, pafp. 330. Art. spiritus.
«) cf. Stock 1 I.e. pag. 133.
8) ib. pajf. 258.
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— 25 —
Menschen behindert werden/) so frischt JUSTÜS
LIPSIUS, wie in seiner ganzen Philosophie, so be-
sonders in der Lehre von den Affekten, die Maximen
der Stoiker auf. Nicht in der Mässigung der Affekte
besteht die Tugend — der Weise ist ihm von den
Affekten ganz frei. ^
BERNARDINUS TELESIUS findet dagegen, dass
alle Affekte gut sind, wenn und soweit sie auf jenes
Mass zurückgebracht werden, welches die Selbst-
haltung auflegt.^) Jedes Wesen hat die Erhaltung
seiner selbst zum höchsten Ziele seines Lebens.^)
Bekanntlich ist auch Hobbes' Philosophie von
diesem Grundsatz durchdrungen.
THEOPHRASTÜS PARACELSÜS weist dem
Lebensgeist wieder die Rolle des Vermittlers
zwischen Leib und Seele zu.*)
Nach MEL ANCHTHON zerfallen die Seelenkräfte
in vegetative, sensitive und intellective. Bei den
sensitiven Kräften sind zu unterscheiden die Ap-
prehensivkraft, die Appetitivkraft und die
locomotorische Kraft. ^) Diese Kräfte finden sich
in etwas anderer Gruppierung und Bedeutung schon
bei Thomas von Aquino.
1) cf. Stöckl 1. c. pag.
2) ib. pag. 315.
8) ib. pag. 339.
*) ib. pag. 338.
5) ib. pag. 419.
«) ib. pag. 534.
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26
Bei der Apprehensivkräft unterscheidet M e 1 an ch-
tbon neben den äusseren Sinnen auch innere, darunter
das Gedächtnis (wie schon Thomas von Aquino).
Auch bei Hobbes werden wir später das Gedächt-
nis als sechsten Sinn wiederfinden. Die Appetitiv-
kraft ist der Sitz der Aflfekte. ^)
Eine ausgedehnte Berücksichtigung der Leiden-
schaften finden wir bei MICHEL DE MONTAIGNE,
der in der »Preface sur les essais de Michel de Montaigne
par sa fiUe d* alliance« geradezu ein »correcteur et scrutateur
perpetuel des actions et des passions humaines« genannt
wird, ^ der von sich selbst sagt: je suis moy-mesme la
matiere de mon Liure, und der schon auf der zweiten
Seite der Essais uns belehrt, dass er merkwürdig
schwach gegen die Empfindung des Mitleids und der
Milde sei, so lasterhaft auch die Stoiker diese
Leidenschaft fänden. ')
Im zweiten Kapitel des ersten Buches behandelt
er dann die Trauer, im dritten die Thatsache, dass
die Affekte uns fortreissen, was er sehr prägnant in
die Worte fasst: Nous ne sommes jamais chez nous, nous
sommes toujours au dela, und die Furcht, das Ver-
langen, die Hoffnung dafür verantwortlich macht.
Ferner bespricht er in besonderen Kapiteln die
Furcht (L 17), das Gewissen (IL 15), die Grau-
1) cf . 8 t ö c k 1 I.e. pagr. 534.
>) cf. Le» etaai» de Michel aeigneur de Montaigne. EdnOQV. A. Paris.
Loyson. 1525 Prdf.
a) Viel stoischer ist dagegen die Auffassung in dem 10. Kapitel des
3. Buches: De metnager aa volonte.
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.— 27 —
samkeit (IL 11), die Begierde (II, 15), den Ruhm
(IL 16), die Feigheit (IL 17), den Zorn (IL 31), die
Eitelkeit (IH. 9).
In der Apologie de Raimond de Sebonde beklagt
Montaigne, dass unsere von den Leidenschaften
bewegten Gesichtszüge nicht in unserer Macht stehen.
Ebendaselbst schreibt er den Tieren Sprache zu und
glaubt ein in einer Einöde aufgezogenes Kind würde
sich doch verständlich machen können.
In mehr als einer Hinsicht interessant ist das
zwölfte Kapitel des dritten Buches: De la Physionomie.
Ist es schon interessant das Urteil eines so gewiegten
Menschenkenners über die Möglichkeit einer
Physiognomik zu vernehmen, so entwickelt er
andererseits darin auch seine Methode zu philo-
sophieren und zu denken, die auf eine Rückkehr von
der gelehrten Dialektik auf die Philosophie des ge-
sunden Menschenverstandes hinausläuft und auf eine
ungezwungene Darstellung derselben. Er selbst über-
lässt sich bei der Beurteilung der Mitwelt, den ihm
von der Natur eingeflössten Neigungen: Je me laisse
aller, comme je suis venu.
Ueber Montaignes Schriften finden wir einen
Reiz gegossen, der schon einige Schriftsteller des
1) Mit dieser Fabel bildet Montaigne ein Glied der folgenden
Reihe, von der sich einige bei Lange, Gesch. d. Mat. aufgezählt finden
und auf die Verfasser vielleicht Gelegenheit hat, an andrer Stelle ausführ-
Ucher zurückzukommen: Sie lautet: „Arnohiu; Ihn Tofeul. Montaigne, La Mettrie,
Diderot, Bt^on, Bonnet, CondiUae.
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~ 28 —
vorigen Jahrhunderts auszeichnet, sehr bestechend
wirkt und darüber leicht die Vorgänger verkennen
lässt. Die grosse Natürlichkeit, das fortwährende „in
den Vordergrund treten" der eigenen Person lassen
trotz der Unmenge von Citaten die grosse Originalität
des Autors voll zur Geltung kommen, während man
im Mittelalter fortwährend bemüht ist, die eigenen
zum Teil gleichfalls recht selbstständigen Ansichten
stets denen anderer als Erklärung, Erläuterung, Er-
weiterung beizugeben. ^) Bei den Schriftstellern des
siebenzehnten Jahrhunderts wird von den Vor-
gängern meist nur in wegwerfendem Tone gesprochen.
Ein Schüler Montaignes, PIERRE OHARRON,
definiert in seinem Hauptwerk „de la sagesse" die
Leidenschaft „als eine heftige Bewegung der
Seele in ihrem sinnlichen Lebensbereiche, welche
zum Zweck hat, entweder ein Gut anzustreben oder
ein Uebel abzuwehren." Als hauptsächlichste Leiden-
schaften zählt er auf: die Liebe, das Vergnügen,
den Hass, die Traurigkeit, das Mitleiden, die
Furcht. Wegen der grossen Wichtigkeit der Leiden-
schaften für die Ethik behandelt sie Charron sehr
ausführlich. ^)
THOMAS CAMPANELLA'S Lehre von den
Affekten misst den Ausdrucksbewegungen derselben
1) cf. Stöckl 1. c. Vorrede zu Band I. o« 1 pag. 8 u. Schütz, Harald*
Die Entwicklung der Industrie im Mittelalter. Programm des Jahres-
Berichts der Kgl. Realschule Traunstein. 1878 pag. 4.
2) Stöckl 1. c. pag. 379.
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— 29 —
eine grosse Bedeutung zu. Nach ihm
„zieht sich die empfindende Seele im Zu-
stande der Traurigkeit in das Herz zurück,
während sie im Zustande der Freude nach
aussen in die Augen sich ergiesst ^)
Von grossem Einfluss auf Hob b es und Descartes
ist BACO VON VERULAM'S Lehre von den Leiden-
schaften, auf die wir auch später noch zurück-
kommen werden.
In seinem Hauptwerk de augmentis scientiarum
tadelt Baco den Aristoteles,
„dass er die Affekte nicht in der Ethik
sondern in der Rhetorik behandelt und dass
er nicht ihre natürliche Geschichte sondern
ihre künstliche Erregung ins Auge gefasst
habe." ^
Ferner sagt er ebenda:
„Die Dichter und Geschichtsschreiber geben
uns die Abbilder der Charaktere; die Ethik soll
nicht diese Bilder selbst, wohl aber deren Um-
risse aufnehmen, die einfachen Züge, welche
die menschlichen Charaktere bestimmen.''
Er verlangt eine der Physik ähnliche Ethik der
menschlichen Gemütsverfassung. ^)
1) StOckl ib. pag. 349.
>) cf. Kuno Fischer, Francis Baco und seine Nachfolger. 3. Aufi.
Leipzig. Brockhaus 1875. pag. 290.
8) cf. Kuno Fischer ib.
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30
Die von Baco geforderte Naturgeschichte
der Affekte hat nach Kuno Fischer niemand
besser gelöst als Spinoza, während derselbe in
Shakespeare den Dichter der Leidenschaften sieht. ^)
Interessant ist für uns noch besonders, dass
Baco einen Affekt durch den andern bemeistern
und schliesslich alle durch Hoffnung und Furcht
beherrschen will. Auf die so gewonnene Einsicht
in die Affekte soll sich dann die Regierungskunst
und Politik gründen. *^)
Untersuchen wir einen Augenblick die Berech-
tigung der Baconischen Forderung, so ist zu-
nächst das von Aristoteles Gesagte falsch, indem
Aristoteles erstens die Affekte nicht nur in der
Rhetorik, sondern, wie wir oben sahen auch in der
Ethik behandelt, gerade wie Baco fordert, ferner
geht Aristoteles in der Rhetorik auch auf die natür-
liche Geschichte der Affekte, nicht blos auf ihre Er-
regung ein, wie wir gleichfalls oben sahen.
Es ist sonderbar, dass Kuno Fischer auf
diesen Widerspruch Bacos nicht weiter aufmerk-
sam macht.
Ueber die Geschichte der Lehre von den Affekten
bis auf Baco äussert er sich a.a.O. wie folgt:
„Aristoteles hat in seiner Rhetorik viel
Scharfsinniges über die Art und Erregung
1) cf. Kuno Fischer ib.
2) ebda.
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31
der Affekte gesagt, die Stoiker haben sich
in mancherlei Definitionen versucht, man
hat auch einzelne Abhandlungen über ein-
zelne Affekte geschrieben, aber sie sind weder
in ihrem natürlichen Zusammenhange noch
am richtigen Ort, nämlich in der Ethik
behandelt worden." ^)
Ein Blick auf unsere kurze historische Zusammen-
stellung genügt, um erkennen zu lassen, dass eine
derartige Darstellung den Wert des vor Baco in
der Lehre von den Affekten Geleisteten doch ganz
erheblich unterschätzt.
Von HELMONTS Lehre sei hier hervorgehoben,
dass auch bei ihm die Ebenbildlichkeit des Menschen
mit Gott sich in einer Dreiteilung: Verstand,
Wille, Liebe geltend macht. Der sinnlichen Seele
weist er einen besonderen Sitz, den Magen an. ^)
Sowohl mit Hobbes, wie mit Descartes in
direkten Verkehr trat PIERRE GASSENDI: Er erblickt
in den leidenschaftlichen Bewegungen der Seele ein
schweres Hindernis der Glückseligkeit und nennt daher
die Tugenden Arzneien der erkrankten Seele. ')
Da sich Gassendi in seiner Ethik bekanntlich
eng an Epikur anschliesst, unter dessen Namen er
seine ganze Philosophie gehen lässt, so verweise ich
1) cf. Kuno Fischer ib. pag.
S) cf. Stöckll. c. pag. 467.
3) ib. pag. 886.
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— 32 —
hier auf das oben aber den Zusammenhang zwischen
Epikur und den Stoikern Gesagte.
Im Jahre 1625 erschien zu Venedig die ^rifAeninixti
moralis seu de conjectandis cujusque moribus et latitantibus
affecübus animi des SCIPIO CLARAMONTIUS.
Dies Werk wurde mit einer begeisterten Vorrede
Hermann Oonrings zu Helmstaedt im Jahre 1665
neu herausgegeben. In der Vorrede klagt Conring,
dass das treffliche Werk unbeachtet geblieben sei.
Der Gegenstand des Werkes ist etwa der gleiche,
wie in dem geschätzten modernen Werke „Mimik
und Physiognomik" von Theodor Piderit.^)
Claramontius sucht auf zahlreiche von ihm
namhaft gemachte Autoren — besonders Aristoteles,
Galen und die Araber gestützt — Regeln zur
Beurteilung des Charakters und der Affekte
aus äusseren Kennzeichen abzuleiten. Er giebt (nach
einer kurzen Einleitung über den Bau des Körpers,
die Temperamente und den Einfluss des Klimas auf
den Charakter der Nationen) Charakteristiken der
Lebensalter und verschiedener Stände, geht ausführ-
lich auf den Einfluss der Beschaffenheit des Herzens,
Gehirns und der Leber, auf die Art der Lebensgeister
1) Mimik and Physiognomik von Dr. Theodor Piderit. «. neubearb.
Aafl. Mit 95 lithogr. Abb. Detmold 1886. Der Vergleich dieses trefflichen
Werkes mit Claramontius soll natürlich nur heissen, dass beide fttr ihre
Zeit gleiches erstrebten. Ob es wirklich möglich ist, ein Bestimmungsbach
für Charaktere herzustellen, aus dem man nach äusseren Anzeichen den
Charakter ebenso bestimmen kann, wie etwa die Familie einer Pflanze, bleibe
dahingestellt. Jedenfalls hat Piderit eine Fülle treffender Bemerkungen.
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33
und infolge dessen des Charakters ein, bespricht die
physiognomische Bedeutung der Kopfform, der Stirn,
der Augenbrauen, Ohren, Augen, der Nase, des
Mundes, des gesamten Gesichtsausdrucks, der Gestalt,
der Stimme etc. und giebt in den zwei letzten seiner
zehn Bücher Lehren, wie man geheimgehaltene Affekte
entdecken kann. Dabei bespricht er eingehend im
zehnten Buch die Ausdrucksbewegungen folgender
Affekte: Lust, Schmerz, Begierde und Liebe,
Abscheu und Hass, Zorn, Furcht und Hoff-
nung iuxta ordinem librorum de AfFektibus.
^
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Kapitel IL
HOBBES.
White we live, we have desir^s.
HOBBES, Humane Notare VII. 6.
HOBBES, the father of LOCKPS
and other philosophy.
Lord BYRON, The Island, Note.
Die Bedeutung des grossen englischen Philo-
sophen Thomas Hobbes, dessen Lehren wir uns
nun zuwenden, trat eine Zeit lang in den Werken
über Geschichte der Philosophie wenig hervor.
So wird Hobbes in Schweglers „Geschichte
der Philosophie im Umriss, 6. Auflage, Stuttgart 1868,
mit den Worten abgethan: Er (Locke) hat zum
Vorläufer seinen Landsmann Thomas Hobbes (1588
bis 1679), den wir jedoch, da er nur für die Geschichte
des Naturrechts Bedeutung hat, hier nur nennen
können.*)
Dagegen hat vor allem Bau mann sowohl in
seiner „Geschichte der Philosophie nach Ideengehalt
1) In der neuen Aasgabe von Schweglers Geschichte der Philosophie
im Uinriss besorgt von J. Stern, Beclain, Leipzig, findet sich Hobbes
aasführlicher behandelt.
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— So-
und Beweisen", wie in seinem Werke „Die Lehren
von Raum, Zeit und Mathematik in der neueren
Philosophie** die philosophischen Lehren von Hobbes
eingehend behandelt.^)
Mit grosser Bewunderung genannt wird ferner
Hobbes unter anderen von Leibniz, Diderot,
Gundling, Platner, Oomte. ')
An intensiver Wirkung seiner Lehren hat es nie
gefehlt, weder bei seinen Zeitgenossen, noch bei den
späteren Philosophen.
So weist Tönnies in seiner Monographie über
Hobbes^) auf den Einfluss hin, den Hobbes auf
Spinoza, Leibniz, Locke, Berkeley ausübte.
Auch finden sich Anklänge an Hume und Schopen-
hauer bei ihm.^)
Die Willenslehre des Hobbes, wie sie in
unserer folgenden Darstellung gegeben wird, scheint
1) cf. Baumann, Geschichte der Philosophie nach Ideen^j^ehalt und
Beweisen. Gotha, Perthes 1890. pag. 235 ff, und Baumann, Die Lehren
von Raum, Zeit und Mathematik in der neueren Philosophie, Bd. I.
Berlin, Reimer 1868. pag. 237-357.
2) cf. die übrigen bei Tönnies 1. c. pag. 222 ff. und Platner,
Philosophische Aphorismen. Leipzig 1776, 1782. 2 Bde. bes., Bd. 2 pag. 118 ff.
3) cf. diese Arbeit Anmerkung 4 zur Einleitung und Tönnies 1. c.
pag. 223.
*) Was die Ähnlichkeit mit Schopenhauer anlangt, so citiert dieser
selbst mehrfach Hobbes, ferner finde ich die kurze Notiz einer Ähnlichkeit
Hobbes mit Schopenhauer in dem Collegheft über „Geschichte der mitt-
leren und neueren Philosophie^ gelesen von Geheimrat Eucken. W. 8. 92/93.
Der pessimistischen Auffassungsweise Hobbes werden wir öfter be-
gegnen. Auch finde ich, dass ihm in gewissem Sinne, allerdings nur von
innen betrachtet, die „Welt" aus Vorstellung und Wille besteht. Ein grosser
Unterschied gegen Schopenhauer besteht allerdings darin, dass nach
Hobbes der Wille vom Vorstellen abhl&ngt.
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— 36 —
mir in einigen Grandzügen mit der Auffassung
übereinzustimmen, welche Baumannin seinem „Hand-
buch der Moral" vertritt, wenn er sagt: „Nicht der
Wille liegt dem Vorstellen zu Grunde und erzeugt
es als seinen nachgeborenen, ihm unter Umständen
feindlichen Sohn, sondern der Wille selbst ist das
Nachgeborene, aus Vorstellung und Wertschätzung
zusammen erst entstehende, das Ursprüngliche sind
unwillkürliches Geschehen und unwillkürliche Be-
thätigung." ^)
Dagegen berührt sich die grosse Bedeutung, die
Hobbes den Affekten und somit auch dem Willen
zuweist, mit den einschlägigen Lehren Wundts. Wenn
daher Wundt bei der Anerkennung der durch-
dringenden Verstandesschärfe Hobbes' sagt: '^) „Das
Gefühlsleben existiert für ihn nicht" und ein ander-
mal „so kommt (bei Cumberland) der Affekt gegen-
über Hobbes zu stärkerer Geltung", so sind diese
Äusserungen wohl auf ein Missverständnis zurück-
zuführen.
Die Affekte finden gerade bei Hobbes eine
eingehende Behandlung. Seine Staatsphilosophie baut
sich zum Teil darauf auf. Die Affekte sind ihm der
Beginn willkürlicher Bewegungen, er führt die
Erfindung der Sprache auf einen Affekt zurück.
1) Baumann 1. c. pag. 16.
«) cf. Wundt, Ethik. Eine Untersuchung der Thatsachen und Ge-
setze des sittlichen Lebens. Stuttgart, Eucke 1886. pag. 270 und pag. 274.
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— 37 —
Im Folgenden soll die Affektenlehre des
Hobbes nach ihren Hauptzögen kurz geschildert
werden im Anschluss an eine Skizze der Grundzüge
der Hobbee'schen Philosophie, wie ich sie mir aus
seinem oft bewunderten, auch von Tönnies mit-
benutzten Werke »Humane Nature« zusammenstelle.
Doch sei ausdrucklich auf das Kapitel über
Anthropologie und auf den ganzen zweiten Teil „Lehre
des Hobbes" in Tönnies Buch verwiesen, dessen
Darstellung wir allerdings in einem nicht unwichtigen
Punkte zu berichtigen haben werden.
Vor mir liegt die zweite Ausgabe von »Humane
Nature« oder, wie der Titel vollständig lautet: Humane
Nature: er, the fuodamental Clements ofPolicy. Being a disco-
very of the faculties, acts and passions of the soul of man,
from their original causes; according to such philosophical
principles as are not commonly known or asserted. The
second Edition. Augmented and much corrected by the
Authors own Hand. By Tho. Hobbs ofMalmsbury. London,
Printed by T. Newcomb for John Holden at the Anchor in
the New-Exchange, 1651.
Der Ausgangspunkt der Hobbes'schen Philo-
sophie ist bekanntlich die Staatsphilosophie.
Um diese Lehre auf die Regeln und Einwurfs-
freiheit der Vernunft zurückzuführen, giebt es nach
der Widmungsepistel des Buches (v. Jahre 1640) nur
einen Weg, Prinzipien aufzustellen, an denen die
Leidenschaft nicht rütteln kann, denn während sich
die Schriftsteller über Gerechtigkeit und Politik fort-
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38
während in den Haaren liegen, ist die Mathematik
frei von Disput und zwar aus dem Grunde, weil hier
die Wahrheit und das persönliche Interesse der
Menschen sich nicht gegenüberstehen. Gilt doch der
Satz: as oft as Reason is against a man, so oft will a man
be against Reason.
In dem F. B. *) unterzeichneten Vorwort an den
Leser wird schon des ganzen Hobbes'schen Systems
gedacht, wie es sich in die drei Werke: De corpore,
de homine, de cive gliedert. ^)
Während de homine und de cive schon erschienen
sind, steht de corpore noch aus. Diese Schrift erschien
in der That erst 1655.
Aus den Vorreden des Hobbes zu seiner lieber-
Setzung des Thukydides scheint Tönnies hervor-
zugehen, dass er sich schon damals (1629) mit der
Ergründung der menschlichen Natur beschäftigt habe.^)
Daher will es diesem Forscher auch nicht wahr-
scheinlich vorkommen, dass — wie berichtet wird —
Galilei, den Hobbes persönlich aufsuchte, ihm zu-
erst die Idee gegeben habe, die Sittenlehre mathema-
tisch zu behandeln. Vielmehr vermutet er, dass
1) Francis Bowman cf. TOnnies, The Elements of Law natural
and politic by Thomas Hobbes of Malmesbury ed. with a preface and
critical notes, to which are subjoined selected extracts from unprinted
Mrs. of Thomas Hobbes, London, Simpkin, Marshall and Co. 1889. pag. VIL
s) Tönnies bezweifelt in der Vorrede zur eben erwähnten Aasgabe
der Elements of Law die ursprüngliche Einheit der 3 Werke cf. 1. c. pag. VI
In Widersprach hiermit scheint zu stehen, was derselbe Gelehrte pag. 20
seiner mehrfach citierten Monographie über Hobbes sagt
9) TOnnies 1. c. pag. 13.
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39
Hob b es nur Galilei von diesen seinen Plänen er-
zählt habe und von dem berühmten Physiker darin
bestärkt worden sei. ^)
Es sei mir gestattet, die Hauptlehren der in der
»Humane Nature« aufgestellten Psychologie in die um-
stehende Tabelle zusammenzufassen. Diese Tabelle,
die leicht noch mehr hätte ausgefüllt werden können,
wenn ich nicht befürchtet hätte, sie dadurch zu un-
übersichtlich zu machen, giebt eine Idee davon,
wie Kenntnisse, Leidenschaften und Willens-
äusserungen nach Hobbes Vorstellung entstehen.
Stellen wir uns zum Beispiel die Frage,
wie wird nach Hobbes etwa der Anblick eines
schrecklichen Tieres auf einen Menschen
einwirken. (Hierzu die skizxe s. 4i.) Ich wähle dieses Bei-
spiel, weil Descartes daran erläutert, wie nach
seiner Theorie die Leidenschaften entstehen." ^
Als ein äusserer Gegenstand wirkt das Tier
auf die Sinne dadurch, dass es Bewegungen aus-
sendet, die die Sinne afficieren. ^) Die Sinneser-
regung pflanzt sich ins Gehirn fort. *) Hier entsteht
dann durch die erkennende Kraft des Geistes eine
Vorstellung.^) Infolge des Nachvibrierens der Be-
») Tönnies 1. c. pag. 17.
2) Descartes, Les passions de TAme. I. Art. 35. 36.
8) Ghap. II. 10 der Humane Kature, the thin^ that really are In
the World withoat us, are those motlons.
*) ib. Chap. II. 4.
6) \\}. Ohap. II. 4.
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— 40 —
wegung verblasst die Vorstellung nur allmählich. ^)
Das Verblassen der Vorstellungen wird von der er-
kennenden Kraft des Geistes wahrgenommen. Diese
Fähigkeit ist sozusagen ein sechster Sinn ^ „die
Erinnerung." Viele solcher Erinnerungen geben
Erfahrung und Klugheit. ^)
Aus der Erinnerung ergiebt sich aber auch die
Erwartung, dass die Ereignisse in ähnlicher Folge
auftreten wie früher: So entwickelt sich eine Art
Kausalität.^) Ausserdem werden ähnliche Vor-
stellungen erweckt. ^)
In unserem Fall wird man vielleicht daran
erinnert, dass durch ähnliche Tiere schon viel Schaden
angerichtet worden ist.
Wir erwarten somit, dass der etwaige Angriff
des Tieres der Entwicklung unserer Fähigkeiten,
d.h. unserer Macht®) hinderlich sein wird. Die
Erkenntnis einer zu erwartenden Macht Verrin-
gerung ist nun seelische Unlust. '') Dieser Unlust
widerstreitet etwa die Lust, dem Tiere unsere Macht
zu zeigen. Das abwechselnde Vorhalten solcher Lust-
oder Unlustgedanken, d. h. das abwechselnde Em-
pfinden verschiedener Leidenschaften, ^ ist die
1) Hobbes ib. Chap. III. i.
(Foriaetzung S. 42.)
«) ib. Chap. m. 6.
8) ib. Chap. IV. 6, 10.
*) ib. Chap. IV. 7 ff.
6) ib. Chap. IV passim.
8) ib. Chap. VIII. 4.
') ib. Chap. Vlll. 1-4.
8) ib. Chap. XII. 1.
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— 41 —
Skizze für Beispiel auf Seite 3Ö.
Der Mensch
Animal
Er- Be- Fort-
nährende wegende pflanzende
Kraft Kraft Kraft
Leib
Herz-
beweisunfi
rationale
/Geist \
\ Gehirn /
(Den Körper \
bewegende 1
Kraft /
tut
fördernd hemmend _
(Lust) (Unlust) V"^
5 Sinne
Aeusserer
Gegenstand
(Wildes Tier)
Gehirn-
bewegungen
forstelliiiigeii
14
Beharrung
der Gehirn-
bewegungen
Siclister Sinn | .
Erinnerun^s j
18| I 8
wiiiens-
handlnng
"In
(Alternierende \
Leidenschaften I
= Ueberlegung/
Leidenschaften
Lust
Erwartung
von
zukünftiger
Machtver-
roehrung
-.. t
Unlust
Erwartung
von
zukünftiger
Machtver-
minderung
Erwartung
Erläuterung der Bewegungen,
Aeusserer Gegenntand (Wilden Tier) - 5 Sinne — Erkennende Kraft - Vorstellungen
(Oehirnbewegungen) - {^ErinZruLT} ^'^^«'''•«'»« '^^ Gehirnbewegungen - Er war-
tung — Alternierende Leidenschaften — Willenshandlung — Den Korper bewegende
Kraft — Herzbewegung hemmend — Erkennende Kraft u. s. w. . . . . bis Willens-
handlmng — Den Körper bewegende Kraft — Fluchtbewegung der Beine.
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— 42 —
Ueberlegung, diese führt zur Willenshandlung,
in Folge deren der Geist den Körper bewegt ^) und
zwar zunächst das Herz bewegt oder dessen Be-
wegung hemmt. Im einen Falle empfinden wir sinn-
liche Lust, im zweiten Unlust.^)
In unserem Falle entstehe sinnliche Unlust, diese
wirkt wieder auf die Vorstellungen ein,^ durchläuft
den vorhin beschriebenen Weg, es entsteht der Ent-
schluss, sich der Unlustursache zu entziehen, und
der Geist bewegt etwa jetzt den Körper zum Fliehen.
Dieses Beispiel vorausgeschickt, fassen wir
jetzt den Grundriss der Psychologie, wie ihn
Hobbes in der Humane Natura entwickelt, in seinen
Hauptzügen zusammen. ^)
Hobbes unterscheidet beim Menschen, dem
animal rationale, zwei Hauptbestandteile, body, Leib,
und mind, Geist. Die Uebersetzung von mind mit
Geist ist zweideutig, doch weiss ich keine bessere.
Geister losgelöst vom Körper kennt Hobbes bekannt-
lich nicht. Die Natur des Menschen ist ihm die
Summe seiner geistigen und körperlichen Fähig-
keiten. (Chap. L 4' s.J
Die Fähigkeiten des Körpers werden nur
aufgezählt, es sind : power nutritive, power generative und
1) Hobbes ib. Obap. XII. 2. Cbap. VII. 9
2) ib. Ohap. VII. 1, 2.
8) Ib. Ohap. VII. 1, 2.
') Die bezüglichen Stellen aus Humane Nature sind in dem folgenden
fortlaufenden Auszug (vgl. Kap. III Anfang) im Text angegeben.
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— 43 —
power motive, die ernährende Kraft, bewegende
Kraft, Fortpflanzungskraft. Von Fähigkeiten
des Geistes sind zwei zu unterscheiden, die er-
kennende Kraft (power cognitive) und bewegende
Kraft (power motive). Auch der Ausdruck Kraft für
power verdeckt einen Zusammenhang, der für Hobbes
nicht unwichtig ist. {Ckaj>. i. 6, 7.)
Wie wir schon sahen, spielt der Begriff der
Macht (power) bei seiner Psychologie eine grosse
Rolle. Im Deutschen kann man aber schlecht von
einer erkennenden „Macht" reden. Vielleicht wäre
„Vermögen" entsprechender. (Chap, iL 4.)
Die Gegenstände ausser uns wirken auf den
Körper nur dadurch ein, dass Bewegung von ihnen
ausgeht, die die Sinnesorgane afficiert. Farbe, Schall
u. s. w. gehören also uns an, nicht dem Ding an
sich (the thing itself).
Von den Sinnesorganen geht nämlich die Be-
wegung weiter zum Gehirn, als specifische Sinnes -
erscheinung kommt sie erst zum Bewusstsein, wenn
sie vom Gehirn nach dem Sinnesorgan zurück-
geworfen wurde. (Ckap. iL 8,)
So entstehen im Gehirn Bilder oder Vor-
stellungen. Diese bleiben, auch wenn der Gegen-
stand entfernt ist, solange die Bewegung in uns
nacbzittert. (Chap. iii 1.)
Durch das Schwächerwerden der Bewegung er-
kennt nun die vorstellende Kraft des Geistes
vermittelst des sechsten Sinnes, der Erinnerung, dass
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— 44 —
die Vorstellung, der nun so und so viele Merkmale
fehlen, mit der ursprünglichen klaren und deut-
lichen nicht identisch ist. (Chap, iil 6).
Erinnerung ist nach Hobbes in der That
dies Vermissen erwarteter Merkmale an einer Vor-
stellung. {Chap, IIL 7.)
Auf die Anwendung, die Hobbes davon auf Träume
macht, sei nur hingewiesen und seine Behauptung
erwähnt, dass unter Umständen Traum vom wachen
Zustand nicht zu unterscheiden sei. (Chap. iil w.)
Hobbes geht hierauf ausführlich auf die ver-
schiedenen Arten, Vorstellungen miteinander zu ver-
binden, ein. Sehr an Hume erinnern die Ausführungen
über das Entstehen der Begriffe Grund und Folge.,
Aus den Erinnerungen an die Vergangenheit
macht sich der Mensch das Bild der Zukunft. Hat
er zum Beispiel oft gesehen, dass Vergehen bestraft
werden, so denkt er beim Anblick eines Vergehens,
dass ihm die Strafe folgen wird. {Chap, iv. 7.)
Auch umgekehrt schliesst er auf die Vergangenheit
aus der Gegenwart. Hat er z. B. oft gesehen, dass
ein Feuer Asche hinterlässt, so denkt er beim Anblick
von Asche an das Feuer, aus dem sie entstanden ist.
Alle solche Erfahrung kann aber nur zur Wahr-
scheinlichkeit, nie zur Sicherheit führen. (Ckap. iv, 10).
Wir können auch nicht nach Belieben irgend
eine Vorstellung in uns wachrufen. Aber der Mensch
hat vor den Tieren voraus, dass er sein Gedächtnis
durch Merkzeichen unterstützen kann. {Chap, v. /.)
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— 45 —
\
Ein solches Merkzeichen ist ein sinnlicher Gegen-
stand, den ein Mensch willkürlich für sich irgendwo
errichtet hat, um sich dabei an etwas Vergangenes
zu erinnern, wenn er das Zeichen wieder bemerkt.
Zu diesen Zeichen gehören auch die Aeusserungen
der menschlichen Stimme, die wir Namen nennen.
Es sind dies Erschütterungen, die von den
Ohren wahrgenommen werden können und uns dann
an den bezeichneten Gegenstand erinnern. {Chap, v. 2.)
Man kann nun die Gegenstände selbst und die
Vorstellungen bezeichnen und zweitens das Fehlen
erwarteter Eigenschaften mit einem Wort belegen.
So entstehen positive und privative Worte. {Chap, v. 3.)
Erst durch die Sprache ist Wissenschaft
möglich. {Chap. F. 4,)
Allgemein sind nur die Worte, nicht aber die
Gegenstände, die ihnen entsprechen. {Chap, v, 6.)
So nützlich nun, wie ausgeführt, in einer Beziehung
die Erfindung der Sprache ist, so hat sie doch
andererseits viel Anlass zu Irrtum gegeben. Dem
allgemeinen Naturgesetz folgend, dass eine Bewegung
um so leichter statt hat, je öfter sie schon erfolgt
ist, zieht nämlich ein Wort ein anderes, früher oft
mit ihm verbundenes, nach sich. fCkap, v, 13, 14.)
Die Affekte, die die Ursache der willkürlichen
Bewegungen überhaupt sind, sind auch die der
Sprache als der Bewegung der Zunge. Die Sprache,
die erfunden ist, um den Mitmenschen mitzuteilen,
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— 46 —
welche Meinungen, Vorstellungen und Leidenschaften
uns bewegen, ist geradezu ein Ersatz der Vernunft
geworden. Aus der Ratio wird Oratio. Der Verstand
giebt bloss das erste Wort, der Rest folgt gewohn-
heitsmässig.
Um daher den vielen durch Miss Verständnisse
und Leidenschaften hervorgerufenen Unklarheiten zu
entgehen, ist es absolut nötig, statt der Bücher
anderer zunächst sich selbst zu lesen. (Chap, v, 14,)
Sehr eigentümlich ist die Art, wie Hobbes das
Gewissen aufFasst. Er geht von der Redensart
aus: auf mein Gewissen, die Sache verhält sich so
und so. Er definiert deshalb Gewissen als die Meinung
von der Evidenz einer Sache. {Chap, VL 8.)
Ehe Hobbes zur Darstellung seiner Lehre von
den Leidenschaften übergeht, macht er nochmals
darauf aufmerksam, dass die „bewegende Kraft des
Geistes" etwas anderes ist, als die „bewegende
Kraft des Körpers." Die letztere ist die Fähigkeit,
auf fremde Körper einzuwirken. Die erstere aber ist
die Fähigkeit des Geistes, dem eigenen Körper Be-
wegungsimpulse zu erteilen. Die Wirkung derselben
sind die Affekte und Leidenschaften. {Chap. vi. p.)
Die Gehirnbewegungen, welche unsere Vor-
stellungen sind, pflanzen sich zum Herzen fort und
können dort die Lebensthätigkeit entweder hindern
oder unterstützen. Im letzteren Fall haben wir Ver-
gnügen, im ersteren Falle Schmerz. {Chap, vii. /.)
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- 47 —
Diese Bewegung, in der Freude und Schmerz
besteht, ist gleichzeitig eine Aufforderung, sich dem
betreffenden Gegenstand zu nähern oder ihn zu
fliehen, und giebt insofern den Anstoss zu Bewegungs-
erscheinungen, die im einen Fall Lust, im andern
Fall Abneigung heissen, falls es sich um die Gegen-
wart handelt.
Handelt es sich um die Zukunft, so heisst die
Abneigung Furcht. {^Chap, viL 2.)
Was Lust erregt, also gefällt, heisst nun gut,
was nicht gefallt, böse. Gut und böse sind somit
relative Begriffe. Ein höchstes Gut giebt es
nicht. {Chap, vu. j.)
»Lust« oder »Unlust« werden von allen auf
uns einwirkenden Gegenständen erregt, also auch
durch die Vorstellungen, wenn das sinnliche Objekt ver-
schwunden ist. Nur ist hier die Vorstellung, also
auch die Lust und Unlustempfindung abgeblasst.
Lust (appetite) ist der Beginn der Bewegungen
zu dem uns gefallenden Objekte hin, das Erreichen des-
selben ist das Ende der Bewegung, welche wir auch
ihren Zweck oder ihr Ziel nennen. Erreichen wir
dasselbe, so heisst die dabei empfundene Lust Genuss.
Ein letztes Ziel giebt es nicht, so lange wir
leben, haben wir Wünsche. (Ckap. viL 4, s> ^-l
Die Lust besteht nicht im Genuss, der ihr Ende
ist. Glück oder fortwährende Freude besteht nicht
im erlangten Erfolg, sondern im Erfolghaben. Die
meisten Dinge in der Welt sind sowohl gut als böse.
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48
Ueberwiep^t das Gute,, so werden sie ein Gut genannt,
im entgegengesetzten Fall ein üebel. (Chap, vil 7,8,)
Man muss aber zwei Arten Freude unterscheiden.
Die eine afficiert das körperliche Sinnesorgan, sie
nennt Hobbes die sinnliche Freude, der grösste
Teil derselben ist die sexuelle, durch die zur Er-
haltung der Species aufgefordert wird, die nächste
ist die Stillung von Hunger und Durst, wodurch
sich das Individuum erhält.
Dieser körperlichen Freude und ihrem Gegenteil,
dem körperlichen Schnjerz gegenüber tritt die
geistige Freude und der Kummer. (Ckap. vil p.)
Hobbes schildert nun, von welcher Vor-
stellung aus jedesmal die Herzerschütterung
zustande kommt bei ' den verschiedenen
Leidenschaften.
Er beschränkt sich auf die gewöhnlich genannten.
Denn in Wirklichkeit sind die Leidenschaften zahllos,
da es ja unzählig viele Dinge giebt, die gefallen oder
missfallen. (Chap, viil /.)
Zunächst müssen drei Arten Vorstellungen
unterschieden werden: Momentaner Sinnes-
eindruck, Erinnerung, Erwartung.
Bei den Sinneseindrückeu sind die einzelnen
Sinne verschieden zu behandeln. Wenn der Tastsinn
afficiert wird, wie bei allen natürlichen Entleerungen,
haben wir ein rein sinnliches Vergnügen. Bei dem
Geruchssinn mischt sich schon zum Teil Beur-
teilung mit hinein. Beim Genuss durch das
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— 49 —
Hören ist der Sitz nicht im Ohr, sondern hier
erfreuen einfache Töne durch ihre Gleichtnässigkeit.
Kratzen dagegen erregt ein Gefühl des Schauders,
das bei den Zähnen beginnt. Harmonie oder viele
Töne, die angenehm zusammen klingen, gefallt aus
demselben Grunde, wie der Einklang, wenn ver-
schiedene gleiche Saiten gleich angestrichen werden.
Töne, die sich durch ihre' Höhe unterscheiden, erfreuen
nach Galilei durch abwechselnde Uebereinstimmung
und Discrepanz, indem etwa die höhere Note zweimal
schwingt, während die andere eine Schwingung
macht, so dass sie jedes zweite Mal zusammentreffen.
Ebenso verweist Hobbes auf Galileis Theorie,
der Freude am Einklang und des Missvergnügeus
über Missklang. Ausserdem aber liegt in den Tönen
noch ein besonderer Reiz, der durch die Reihenfolge
derselben in einer Melodie bestimmt ist, worin der-
selbe lit^gt, weiss Hobbes nicht recht, glaubt aber,
dass ihre Wirkung in der Heraufbeschwörung halb-
vergessener Leidenschaften liegt.
Ebenso bestehen die Freuden des Auges im
Wohlgefallen an der Gleichmässigkeit einer Farbe.
Denn die glänzendste Erscheinung, das weisse Licht,
entsteht in einheitlicher Weise, während Farbe, wie
Hobbes an einer früheren Stelle der Humane Nature
bereits angiebt, verwirrtes Licht ist. ^) Je mehr
^) Die Newton'sche Ansicht vom Wesen des Lichts ist bekanntlich
ent(?egengesetzt. Verfasser will bei dieser Gelef?enhelt hervorheben, dass
es ihm bei dem engen Rahmen der Arbeit nicht möglich war, die gegebene
Darstellung anch zu commentieren, so dass das vorliegende Kapitel nur
die Lehren des Hobbes darstellt. Einige Bemerkungen zu derselben finden
sich in den folgenden Kapiteln.
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— 50 —
nan eine Farbe Gleichmässigkeit aufzuweisen hat,
desto glänzender ist sie. Die Harmonie der Farben
wird mit der der Töne verglichen.
Eine besondere Art der Frende, die ganz
anders ist, als die besprochenen, erweckt die Musik
beim ausübenden Künstler. Es ist dies die
Freude an der eigenen Geschicklichkeit.
Solcher Art sind auch die folgenden Leidenschaften.
Alle unsere Vorstellung von der Zukunft beruht, wie
oben gezeigt, auf Erinner ang. Denken wir an die Zu-
konft, so denken wir an das Auftreten irgend einer
„Macht," die irgend etwas thun wird. Eine solche
Macht sind die oben aufgezählten Fähigkeiten des
Körpers und des Geistes, nämlich Ernährende, Er-
zeugende, Bewegende Kraft des Körpers und das
Wissen als geistige Macht. Durch diese können dann
weiter folgende Mächte erworben werden: Reichtum,
Einflussreiche Stellung, Freundschaft oder Gunst und
Glück, welches letztere die Gunst Gottes ist. {Chap.
viil. j, ^.)
Von all' diesen ist als wirkliche Macht nur der
üeberschuss über die entsprechenden Mächte der
andern anzusehen. Wir kennen unsere eigene Macht
aus unseren Handlungen. Die andern erkennen sie
aus unseren dieser Macht entsprechenden Handlungen,
Gesten and ganzem Benehmen. {Chap, vill. 5.)
Die Anerkennung der Macht heisst Ehre. Diese
Ehrerweisung kann innerlich oder äusserlich sein.
Von den zahlreichen Beispielen für Zeichen von
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— 51 —
Macht, welche den andern Ehrerbietung einflössen,
seien hier nur hervorgehoben: Reichtum als Zeichen
von Macht, wodurch er erworben wurde; Adel als
Zeichen der Macht der Ahnen: Glück als Zeichen
des Wohlwollens Gottes.
Das Gegenteil dieser Vorzüge erzeugt Unehre.
Im Vergnügen resp. in der Unlust, welche
die Menschen über die Ehre resp. Unehre
empfinden, die ihnen widerfährt, besteht die
Natur der Leidenschaften. {Chap. vili. 8.)
Dies wird gezeigt an den Leidenschaften: Stolz,
falscher Stolz, Prahlerei, Demut, Nieder-
geschlagenheit, Scham, Mut, Aerger, Rach-
sucht, Hoffnung, Verzweiflung, Misstrauen,
Vertrauen, Mitleid, Herzenshärtigkeit, Un-
willen, Wetteifer, Neid, Lachen, Weinen, Lust>
Liebe, Barmherzigkeit, Bewunderung und
Neugierde, Leidenschaft, derer, die gerne
andere in Gefahr sehen und Grossherzigkeit.
{Chap. IX. 1—19.)
Hervorgehoben seien die Definitionen des
Lachens, der Bewunderung und Neugierde,
und der Leidenschaft derer, die andere gern
in Gefahr sehen.
Zunächst zeigt es sich, dass Hobbes ein Wort
vermisst für die Leidenschaft, welche das Gesicht
verzerrt, in einer Weise, die wir Lachen nennen und
die stets Freude erregt. (Chap. ix. 13.)
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- 52 —
Ohne das Wort „Komisch" zu nenaen, findet
er dann das Wesen des Komischea im Unerwarteten
und zwar entdeckt nach ihm der Lachende plötzlich
eine Fähigkeit in sich. Daher wird z. B. über die
Schwächen anderer gelacht, indem man sich dadurch
erst seiner eigenen Geschicklichkeit recht bewusst
wird. Also ist für Sobbes die „Leidenschaft des
Lachens" ein plötzlicher Stolz der durch plötzliche
Vorstellung einer besonderen Stärke unsrer selbst
verglichen mit der Schwäche andrer oder der früher
gehabten eigenen Schwäche hervorgerufen wird.
Kommen wir nun zur Besprechung der Ver-
wunderung und Neugierde. (^Chap. ix. i8.)
Das Wachstum unsrer Erfahrung bedeutet auch
eine Vermehrung unsres Wissens. Deshalb kann
man bei irgend einem neuen Ereignis die Hoffnung
haben, sein Wissen zu vergrössern. In dieser Hoff-
nung besteht die Verwunderung nnd als Begehren
aufgefasst, heisst sie Neugierde, d. h. Begierde nach
Wissen.
Durch diese Leidenschaft ist der Mensch den
Tieren überlegen. Sie hat den Anlass sowohl zur
Erfindung der Sprache, als zur Erkenntnis
von Grund und Folge gegeben. Somit danken wir
ihr auch alle Philosophie. Die Astronomie entstand
nämlich durch Verwunderung über die Bewegung
des Himmels, die Naturphilosophie durch Verwun-
derung über die sonderbaren Wirkungen der Ele-
mente und andrer Körper.
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— 53 —
Nach der Neugierde, die jemand den Erschei-
nungen zuweist, bemisst sich sein Interesse an
ihrer Erforschung.
Wer nur auf der Jagd nach dem Gelde ist, dem
ist es von geringem Interesse, ob der Tag dadurch
entsteht, dass sich die Sonne bewegt, oder ob er
durch die Bewegung der Erde veranlasst wird.
Das Entzücken, das man über Neuigkeiten em-
pfindet, wird zum Schluss verglichen mit der Hoff-
nung aller Spieler, während die Karten gemischt
werden.
Als Beispiel der vielen Leidenschaften, für die
es keine Bezeichnung giebt, nennt Hobbes die
Freude der Menschen, vom Ufer aus Gefahren
zu betrachten. {Chap. ix. 20.)
Jedenfalls ist es eine mit Kummer gemischte
Freude, weil ausser dem Gefühl unsrer Sicherheit
das Mitleid wachgerufen wird. Trotzdem überwiegt
das Entzücken so, dass die Menschen sich meist
begnügen, die Zuschauer beim Unglück ihrer Freunde
abzugeben. Diese Bemerkung ist gewiss ebenso
richtig als pessimistisch.
Zum Schlüsse wird das Leben mit einem
Wettrennen verglichen. Ich setze die Uebersetzung
dieses Bildes, wie sie T ö n n i e s giebt, ^) her. {Chap. ix. 21.)
Darin ist Ansetzen, Begierde, Schlaffwerden,
Sinneslust; die hinter einem betrachten, Stolz;
1) cf. Tönnies 1. c. pag. 181 f.
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— 64 —
die vor einem betrachten, Demut; Tempoverlieren
durch Rückwärtssehen, Eitelkeit; sich angehalten
fühlen, Hass; umkehren, Reue; gut im Zuge sein,
Hoffnung; müde sein, Verzweiflung; dem Nächsten
zuvorzukommen versuchen, Eifer; jemand verdrängen
oder niederwerfen, Neid; sich entscbliessen ein vor-
hergesehenes Hindernis zu nehmen, Mut; ein plötzlich
auftauchendes Hindernis nehmen, Zorn; mit Leich-
tigkeit ein Hindernis nehmen, Erhabenheit; durch
kleine Hemmungen Tempi verlieren, Kleinmut;
plötzlich stürzen, ist Neigung zum Weinen; einen
andern stürzen zu sehen, ist Neigung zum Lachen;
einen übertroffen sehen, dem man es nicht wünscht,
Mitleid; einen gewinnen sehen, dem man es nicht
gönnte, Entrüstung; sich nahe an einem halten,
Liebe; den vorwärts bringen, der sich so an einem
hält, ist Barmherzigkeit; sich selber schaden
durch Elle, Scham; fortwährend übertroffen werden,
Elend; fortwährend den, der zunächst vor einem ist,
übertreffen. Glück und die Bahn verlassen ist s t e r b e n.
^
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Kapitel III.
Kritik der Lehre des HOBBES.
Modes of Self-hve the Passions we may call:
*Tis real good, or seeming moves them all.
POPE, Essay on Man, Ep, 2, 93 J,
Unsere Auffassung von Hobbes' Affekten-
lehre haben wir zu Anfang des vorigen Kapitels
an einem selbstgevvählten Beispiel erläutert und gehen
nun zur näheren Besprechung über.
Zunächst darf man nicht vergessen, dass Hobbes
die menschliche Natur malen will, wie sie im Durch-
schnitt ist, und nicht etwa ein eigenes Ideal aufstellt.
Bezeichnend für seinen Standpunkt ist die Aeusse-
rung: Unjust is the name of the far greater part of men.
Der Zweck des ganzen Traktats ist ja für Hobbes,
zu zeigen, wie aus ihrer Natur heraus diese über-
wiegend ungerecht denkenden Menschen zu einem
»gedeihlichen Wirken vereinigt werden können. Spricht
doch auch KANT ^) von der angeborenen Bösartig-
keit der menschlichen Natur und weist bei seiner
Einteilung der Leidenschaften der Ehrsucht und
1) cf. Kant, Anthropologie. § 79 und % 85.
6»
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^ 5Ö -
Herrschsucht einen hervorragenden Platz an, so
wenig er im übrigen mit Hobbes übereinstimmt.
Ein weiterer Gesichtspunkt ist der, dass Hobbes
den Begriff der Machterweiterung sehr weit fasst.
Macht bedeutet nach ihm die Summe aller
körperlichen und geistigen Fähigkeiten, sowie die
durch dieselben erworbenen Hilfsmittel zu weiterer
Macht, wie Reichtum u. s. w.
Die Aesthetik kommt bei ihm nicht zu kurz,
er giebt, wie wir sahen, Theorien, die in ganz modern
naturwissenschaftlicher Weise die Wirkung des
Schönen zu erklären suchen.
Sind in gewissem Sinne die Menschen des
Hobbes alle Egoisten, so muss man sich erinnern,
dass auch unter Egoismus alles Gute und Edle in-
begriffen werden kann, denn schliesslich ist selbst
die Selbstaufopferung eines Menschen für einen
andern, also im wörtlichen Sinne das Gegenteil von
Egoismus, doch, wenn man will, egoistisch zu inter-
pretieren. Das Wort „egoistisch" verliert eben dann
seine tadelnde Bedeutung. *)
Das Schlussbild, in dem das Leben als ein
Wettkampf dargestellt wird, ist, wie Hobbes selbst
bemerkt, nur teilweise richtig. ^
1) cf. Platner, PhiloB. Aphorismen. 2. Teil. Leipzig 1782. pag.llSf.
Auch des Helvetlns Lehre lässt sich so auffassen.
3) Hobbes, Humane Nature. Ch. IX. 21. The eomparison of the Itfe
of man io a Race, though U hold not in everp part, yet it holdeth «o well for this our
pourpote, that we may thereby boih see and remember almottt alt the Passion» b^ore
mentioned. Hiernach ist klar, dass es durchaus falsch wäre, einfach ein Olied
dieses Oleichnisses losgelöst von den übrigen zu betrachten und etwa sn
sagen: Hobbes definiert Hass mit „sieh angehalten fühlen".
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— 57 —
Trotzdem ist diese meisterhafte, packende Schilde-
rung von grosser Lebenswahrheit und erläutert das
Wort Hiobs „unser Leben ist ein Kampf". ^)
Nach diesen allgemeinen Vorbemerkungen gehen
wir zur genaueren Besprechung der dargestellten
Lehren über.
Hobbes hat auch im Leviathan sich über die
Aflfekte ausgesprochen. {Leviathan, Cap, VI,)
Aber wie schon Tönnies ^ bemerkt, ist die
älteste Darstellung am vollkommensten. Wir wollen
uns daher an die oben nach „Humane Nature" dar-
gestellte Lehre halten.
Die Schrift „Humane Nature" hat von Diderot
das Lob erhalten:
„Es ist ein Meisterstück der Logik und Ver-
nunft, ein Buch, das man sein Leben lang
lesen und kommentieren kann, ein Werk kurz
und tief, allen Autoren, die ich citiert habe,
überlegen." ^
Allein gerade die Leichtigkeit und Ungezwungen-
heit der Darstellung, deren sich Hobbes in diesem
Werk bedient, kann eine oder die andere wichtige
Stelle übersehen oder wenigstens in ihrer Bedeutung
für das Ganze unterschätzen lassen.
So scheint mir Tönnies' Urteil über die Dar-
^) „Muss nicht der Mensch immer im Streit sein auf Erden ?** H i o b , 7.1.
2) cf. Tönnies 1. c. p. 180.
^) ib. pag. 224, ich habe verschiedene Aeusserunicen Piderots
9SQsammen|fezogex|.
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— 58 —
Stellung der Leidenschaften bei Hobbes nicht ein-
wurfsfrei zu sein.
Tönnies geht davon aus, dass Hobbes zwei
psychologische Begriffe an die Spitze seiner Deduk-
tion stelle: Macht und Ehre.
Weiter heisst es wörtlich:^)
„In der frühesten Fassung, die hier auch die
vollkommenste ist, werden zuerst als die Be-
wegungen der Seele, von denen animalische
Bewegung dem Körper mitgeteilt werde,
Lust, Liebe, Begehren als anziehende den
abstossenden, nämlich Schmerz, Abneigung,
Furcht entgegengestellt. Diese sind die all-
gemeinen Affekte, die besonderen gehen aus
besonderen Vorstellungen oder Gedanken
hervor; diese beziehen sich auf Gegenwärtiges
als Wahrnehmung, auf Vergangenes als Er-
innerung, auf Zukünftiges als Erwartung;
wer Freude erwartet, muss auch eine Macht
in sich empfinden, sie zu erlangen; Macht
schlechthin ist aber nur der Ueberschuss der
Macht des einen über die andern; Aner-
kennung überlegener Macht ist Ehre."
Dann kommt als Citat
„In der Lust und Unlust, die man empfindet
durch die Zeichen von Ehre und Unehre, die
1] cf, TOnnies 1. c. pa^. 180.
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— 59 —
einem zu teil werden, besteht das Wesen der
besonderen Leidenschaften."
Diese werden aufgezählt und dann die oben von
uns wiedergegebene Schilderung des Wettrennens
gebracht
Zunächst ein paar Kleinigkeiten: admiration wird
mit Bewunderung wiedergegeben, mir scheint nach
dem Zusammenhang Verwunderung angebrachter.
Ferner übersetzt Tön nies charity mit Caritas
während der Begriff durch Barmherzigkeit wohl
direkt wiedergegeben werden kann.^)
Ausserdem fehlt aber in dieser Darstellung der
Zusammenhang der Affekte mit dem Willen,
wenngleich Tönnies im vorhergehenden Absatz den
Willen behandelt hat und nun die Darstellung von
den Leidenschaften mit den Worten beginnt: ^
„Hiermit (sc. mit Hob b es' Willenslehre)
hängt denn seine Lehre von den Affekten
oder Passionen aufs engste zusammen."
Wenn Tön nies von Lust und Schmerz sagt, sie
seien die allgemeinen Affekte, die besonderen gehen
aus besonderen Vorstellungen oder Gedanken hervor,
so bekommt der Leser den Eindruck einer Incongruenz
der Darstellung, indem den vorher mit Bewegungs-
erscheinungen in Zusammenhang gebrachten Affekten
der Lust und Unlust die übrigen als durch besondere
Vorstellungen erregte beigesellt werden.
Auch setzte ich für „Kleinmatigkeit*' Kleinmnt.
«^ Cf. T ö u u i e 8 1. c. pag. 180,
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— 60 —
Ziemlich unvermittelt kommt dann das obige
Citat. Ueberhaupt hat man das Gefühl, wo bleiben
hier die körperlichen Begleiterscheinungen der Affekte?
Selbst Tön nies scheint sich diesem Gefühl nicht
entziehen zu können, wenn er sagt:
„In Bezug auf die Darstellungen möge hervor-
gehoben werden, dass in einem gewissen Kontraste
zu der rein empirischen Betrachtung des Willens hier
eine rein begriffliche Konstruktion zu Grunde liegt." ^)
Bei unserer in strengem Anschluss an Hob b es
Schrift im vorigen Kapitel gegebenen Darstellung
ist jedoch die-Einheitlichkeit in Betrachtung der
Affekte, wie das Hereinziehen eines körperlichen
Moments in jeden Affekt streng gewahrt.
Danach werden von allen Gegenständen Vor-
stellungen, d. h. Gehirnbewegungen erregt, die sich
dann zum Herzen fortpflanzen, dort die Thätigkeit
hemmen oder fördern und dadurch Lust resp. Unlust
erregen. Ist somit in gewissem Sinne jede Lust und
Unlust rein körperlicher Natur, so ist sie in
anderem Sinne auch rein geistiger Natur.
Die Bewegung des Herzens kann nur durch die
bewegende Kraft des Geistes veranlasst werden. Diese
wird aber ihrerseits durch eine Willenshandlung be-
wirkt, die wieder ihren Ursprung in dem Abschluss
des Alternierens von geistiger Lust und Unlust, d. h.
von dem Gedanken an zukünftige Machterweiterung
») cf. T ö n n i e B 1. c. pag. 188.
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-Bl-
öder Machtbeschränkung hat. Diese Gedanken aber
werden durchVorstellungen und Erwartungen gezeitigt.
Ich verweise auf das im vorigen Kapitel erwähnte
Beispiel und die graphische Darstellung.
Die einzelnen Leidenschaften sind nun zahllos,
indem jeder Gegenstand eine Vorstellung erregt, die
wieder zu Lust- und Unlustgedanken und damit ver-
bundener körperlicher Empfindung (Herzthätigkeit)
Anlass giebt.
So ist es von Hobbes nur correkt, wenn er für
die einzelnen Leidenschaften die einzelnen Vor-
stellungen aufsucht, welche zunächst geistige, dann
körperliche Lust und Unlust erregen.
Mit dieser Darstellung vergleiche man folgende
Stelle von Tönnies:
„DieVorstellung ist dann freilich einfach genug,
wie er an andern Stellen oft ausführt, dass die
Objekte zugleich Empfindung ihrerselbst und
eine Förderung oder Hemmung des Blut-
umlaufs bewirken, danach Tendenzen zu sich
oder von sich, dass Ueberlegung nichts sei als
eine Abwechslung dieser Tendenzen und Wille
nichts als die jedesmal stärkste, die sich zur
Handlung gleichsam verlängernde Tendenz."
Auf unsern Fall angewendet ist diese kurze Dar-
stellung mindestens missverständlich.
») cf. Tönnies 1. c. pa«. 178.
->e<-
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Kapitel IV.
DESCARTES.
Luft und WelPf Elementengeister,
Können nicht widerstehn der Erregung;
Aber des Menschen Qeist kann Meister
Werden seiner Qemutsbewegung.
ROCKERT, Vierzeilen. 74.
„Ich denke, mithin bin ich." „Nur der
Zweifel führt zur Wahrheit." „Die Seele sitzt
in der Zirbeldrüse." „Der Raum ist mit Wirbeln
erfüllt."
Glaubt man nicht Descartes zu hören? Und
doch findet sich der erste Satz bei Augustin,^) der
zweite bei Algazel,^ der dritte bei Galen ^ und
der vierte bei Giordano Bruno.*)
Weit entfernt aber, auch nur einen dieser Autoren
zu eitleren, hebt Descartes stets die Neuheit seiner
^) Augustinus, De vera rellgione 73 cf. Willmann, Geschichte
des Idealismos. Braanschwelg. Vieweg and Sohn. 1894—97. Bd. II pag. 250
u. Bd. III pag. 248. an letzterer Stelle ist die Rede von Descartes' nMangel
an geschichtlichem Verständnis der Probleme.** Welter hetsst es: 3r ist
ein völlig unhistorischer Geist und hat seiner Schule den m^pri* du panae
vermacht, der ihr oft gerechten Tadel zugezogen hat.**
3) ef. 8t0ckl,II pag. 189.
•) ef . diese Abhdlg. pag. 10.
*) cf. Johann Andreft Fabricii. Abriss einer allgemeinen Historie
der Gelehrsamkeit III. Bd. Leipzig. Weidmann. 1754. pag. 814«
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— 63 —
Gedanken hervor, und erwähnt seine Vorgänger meist
nur, um sie zu tadeln.*)
Ganz besonders scharf tritt dieser Standpunkt
uns bei dem berühmten und verdienstvollen Werke
entgegen, das uns hier beschäftigt.
Seine Schrift „les passions de Tarne" erschien zuerst
1649 in Amsterdam.^ Sie liegt mir in einer Ausgabe
vom folgenden Jabre vor mit dem Titel: Les passions
de räme par Ren^ des Cartes. Sur la Copie imprimde ä
Amsterdam. A Paris, chez Gervais Aliot, au Palais, proche
la Chapellc de S. Michel. 1650.
Die Schrift ist für die Prinzessin Elisabeth von
der Pfalz, die Tochter des unglücklichen Winter-
königs, geschrieben, deren Scharfsinn von Descartes
hoch gerühmt wird, und der er bereits seine Prin-
cipia Philosophiae gewidmet hatte.
Bereits in zahlreichen Briefen an diese Prinzessin
hatte Descartes seine Auffassung von den Leiden-
schaften behandelt.
Auf diese Briefe und die Abhandlung „les passions
de räme" selbst stützt sich die Dissertation von PAUL
PL^ESSNER, „Die Lehre von den Leidenschaften bei
^) cf. Anm. 1. Hiermit soll nicht behauptet werden, da88 Descartes
diese Vorgänger gekannt haben moss, obwohl es mir bezügl. Angnstins
und G a 1 e n 8 wahrscheinlich ist . Genaueres hierüber Hesse sich vielleicht ans
seinen Briefen feststellen. Der Grund, warum in vorliegender Abhandlung
die Vorgänger Descartes' so hervorgehoben sind, ist der anmassende Ton,
indem Descartes von ihnen spricht. Dieser Ausspruch Descartes' hat
gewiss mit su der verbreiteten Ansicht von der spningweisen Entwicklung
der Wissenschaften und dem »donkeln** Mittelalter das seinige beigetragen.
^ Die mir vorliegenden Angaben schwanken iwischen 1649 und 1650.
Der letzte der 2 Briefe des Descartes ist datiert 14. Aug^t 1649 vergl.
I^uch Kapitel VI Beginn,
Digiti
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— 64 —
Descartes. Ein Beitrag zur Beurteilung seiner
praktischen Philosophie. Leipzig 1888."
Diese Abhandlung zerfällt in zwei Teile. Im
ersten wird nach einer Darlegung der ethischen
Ansichten des Descartes sein Werk „les passions de
räme" in den Hauptzügen wiedergegeben. Der zweite
Teil giebt eine Kritik der. Descartes'schen Lehre
von den Leidenschaften, in der Plessner ihreStellung
zur Gesamtphilosophie des Descartes, den er-
klärenden Wert seiner Theorie der Lebensgeister,
überhaupt eine Untersuchung über den ganzen Cha-
rakter der Descartes'schen Auffassung von den
Leidenschaften giebt.
Die Abhandlung ist klar und lichtvoll geschrieben.
Besonders eingehend ist das Verhältnis der Lehre
von den Leidenschaften zur cartesianischen
Ethik behandelt.
Während jedoch Plessner die Bedeutung der
passions de Täme für die spätere Philosophie mehr-
fach streift, ist in seiner Darstellung die Entwicklung
der bezüglichen Lehren vor Descartes nahezu nicht
berührt. In dieser Hinsicht werden nur die Stoiker
und bei Gelegenheit Aristoteles erwähnt.
Mehrere dadurch hervorgerufene Fehler der
Plessnerschen Darstellungen werden wir im näch-
sten Kapitel zu besprechen haben.
Versuchen wir nun eine kurze Skizze der
cartesischen Lehre von den Leidenschaften
in direktem Anschluss an die passions de rjlme,
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— 65 -
Das Werk enthält statt der Vorrede zwei Briefe
anDescartes mit den kurzen Antworten des Autors.
Auf diese Briefe werden wir im nächsten Kapitel
ausführlicher einzugehen haben.
Das Werk selbst zerfällt in drei Teile. Der
erste handelt von den Leidenschaften im allgemeinen,
der zweite von der Anzahl und Ordnung der Leiden-
schaften und der Erklärung der sechs ursprünglichen.
Der dritte endlich handelt von besonderen Leiden-
schaften.
Für unsern Zweck am wichtigsten ist der erste
Teil, dessen Besprechung wir uns jetzt zuwenden.
£rster Teil.
Er umfasst 50 Artikel, die wir in folgende 4 Ab-
schnitte zerlegen können:
Artikel 1 und 2
Einleitung,
Artikel 3 bis 32
Körper und Seele,
Artikel 33 bis 39
Sitz und Entstehung der Leidenschaften,
Artikel 40 bis 50
Die Leidenschaften und der Willd. Ethik.
1. Abschnitt (Einleitung.)
Die Einleitung beginnt mit einem scharfen
Tadel der Alten, die über diesen Gegenstand so
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- 66 -
weniges und so unglaubwürdiges geschrieben hätten,
dass Descartes die Leidenschaften behandeln will,
als sei er überhaupt der erste, der sie in Angriff
nimmt.
Des weiteren wird darauf hingewiesen, dass
jede passion des empfindenden Subjektes eine action
von Seiten des Erregers der Leidenschaft ist, so
dass action und passion zwei Ausdrücke für dieselbe
Sache sind.
Am meisten wirkt nun aber der Körper auf die
Seele ein. Also wird einer passion der Seele eine
action des Körpers zu gründe liegen, und daher muss
zuerst das Verhältnis zwischen Körper und
Seele untersucht werden.
2. Abschnitt.
Alles das, was auch in leblosen Körpern sein
kann, muss dem Körper zugerechnet werden, und
alles, was in keiner Weise bei einem leblosen Körper
gefunden wird, gehört der Seele an.
Somit wird gezeigt, dass Wärme und Bewegung
körperliche Ursachen haben, während die Gedanken
aus der Seele kommen. Kommt doch der Tod nicht,
weil die Seele fehlerhaft wird, sondern, weil die
körperliche Maschine stockt.
Um dies noch näher zu erläutern, giebt Des-
cartes eine kurze Uebersicht über die Phy-
siologie des menschlichen Körpers, bei der er
(wie auch in seinen andern Schriften) sich als be-
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— 6? -
geisterten Anhänger der Harvey'schen Lehre vom
Blutumlauf erweist.^)
Im Artikel 10 beginnt die Lehre von den
Lebensgeistern. Die feinsten Biutteilchen, die
durch die Wärme im Herzen verdünnt sind, treten
unaufhörlich in grosser Menge ins Gehirn. Die grosse
Arterie führt nämlich in gerader Linie dorthin, da
aber sich in dem engen Raum die Blutkörperchen
drängen, so steigen nur die leichtesten nach oben.
Diese sehr feinen Blutteilchen sind nun
die Lebensgeister les esprits animaux.
Ausdrücklich hebt Descartes hervor, dass diese
„Geister" Körper seien, sie seien nur sehr klein und
mit sehr grosser Geschwindigkeit begabt. ^
Kommen nun die neuen Lebensgeister ins Gehirn,
so werden die alten verdrängt, gehen in die Nerven
und von da in die Muskeln. Im Anschluss hieran
schildert Artikel 11, wie die Muskeln durch die
hineinkommenden Lebensgeister bewegt werden.
*) Harvey selbst spricht an einer SteUe, an der er Deseartes
berichtigt, von Descartes in lobenden Ausdrücken. Er ist ihm: ingenio
pollen», aciUitaimua vir Renatus CARTESIUS (eui ob mentionem mei nominit hono-
rifieam plurimum dtbeo). Oulielmi HA R VA EI Medici Regit de Motu Cordiu et
Sangtufä» circulo. Roierdami Ap. Leer» 1661 pag. 280. Auf Descart^S'
Stellung zur Media in sei wenigstens kurz verwiesen. Eine Reihe auf
Descartes zurückgehender wichtiger Versuche finden sich z. B. bei,
Landois, „Lehrbuch der Physiologie des Menschen. Wien 1880" angegeben.
Die ^Lebensgeister^ die schon Harvey einen S-ibv ano firixai^i
[cf. 1. c. p. 226. Auch sagt er sehr trocken, er hätte bei seinen Untersuch-
ongen nie welche finden können, ib.] nannte, spukten noch lange in ver-
schiedenster Gestalt herum, vergl. Haeser, Geschichte der epidemischen
Krankheiten. Jena. Mauke 1865 pag. 506 fT..
*) Plessnerl. c. vergleicht sie mit Gasmolekeln (pag. 15).
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-^ 68 —
Der Grnndgedanke ist, es handelt sich stets um
zwei Muskeln, deren einer sich verkürzt, während
sich der andere verlängert. Beide enthalten im Ruhe-
zustand bereits Lebensgeister. Durch die vom Gehirn
kommenden neuen. Lebensgeister werden nun die be-
reits vorhandenen „bestimmt", aus dem einen Muskel
in den andern überzutreten. Die Folge hiervon ist,
dass sich der Muskel, der mehr enthält, verkürzt,
der andere verlängert.
Hierbei wird angenommen, dass die einzelnen
Muskeln ventilartige Poren haben, die den von der
einen Richtung kommenden Lebensgeistern den Zu-
gang gestatten und den Weggang der bereits vor-
handenen nach der andern Richtung hindern.
Die Nerven werden durch die Lebensgeister
immer gespannt erhalten.
Während nun oft die Lebensgeister den Muskeln
in verschiedener Weise zuströmen infolge eines Acts
der Seele, giebt es auch Muskelbewegungen, die auf
rein körperliche Ursachen zurückzuführen sind.
Werden nämlich die Sinne gereizt, so werden
die Nervenerschütterungen ins Gehirn fortgepflanzt.
Diese Gehirnbewegungen brauchen nun nicht immer
die Seele zu afficieren, sondern können auch direkt
Veranlassung werden, dass die Lebensgeister einem
Muskel zuströmen.
Beispiel: Das unwillkürliche Schliessen der Augen
bei einer raschen Handbewegung.
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— 69 —
Die Maschine unseres Körpers ist nämlich
so eingerichtet, dass die Bewegung dieser Hand nach
unseren Augen eine zweite Bewegung im Gehirn er-
regt, welche die Lebensgeister den lidschliessenden
Muskeln zuführt.
Eine zweite körperliche Ursache für die Be-
wegung der Lebensgeister ist der Umstand, dass sie
verschiedene Dichte und Geschwindigkeiten haben,
also zu ungleichen Zeiten im Gehirn ankommen und
entsprechend verschiedene Bahnen gehen.
Diese Ungleichheit der Lebensgeister hat
nun w^eiter ihren Grund erstens in der Materie, aus
der sie entstehen, z. B. aus den Dünsten des Weins,
zweitens in dem Zustand der Körperorgane, die bei
der Blutbereitung mitsprechen.
Besonders wichtig sind gewisse kleine Nerven
am Grunde des Herzens, welche die Eintrittsöflfnungen
verengern oder erweitern.
Auch fliesst das Blut dem Herzen nicht ganz
gleichmässig von allen Teilen des Körpers zu, bald
kann das des einen Körperteils schneller ankommen
als das des andern, bald ist es umgekehrt.
Kurz alle unwillkürlichen Bewegungen hängen
nur von der Form unserer Glieder und dem durch
den Körperzustand bedingten Lauf der Lebensgeister
ab, ebenso wie eine Uhr durch die Feder und die
Gestalt der Räder bewegt wird.
Die Funktionen der Seele beschränken sich
allein auf die Gedanken. Diese wieder zerfallen
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- 70 —
in zwei Arten, thätige und leidende. Unter die
ersteren fallen alle Willenshandlangen, unter
die letzteren die Vorstellungen und Kenntnisse.
Die Willenshandlnngen zerfallen wieder ihrer-
seits in solche, die rein Seelisches zum Gegenstande
haben, und in solche, welche im Körper endigen^
z. B. wenn wir gehen wollen.
Auch bei unseren Vorstellungen müssen wir
unterscheiden, ob sie von der Seele oder vom Körper
herrühren.
Im ersteren Falle sind es die Vorstellungen
unsrer Willenshandlungen.
Wir müssen, wenn wir etwas wollen, gleich-
zeitig dies Wollen auch vorstellen. So ist also alles
Wollen activ und passiv zugleich, wird aber nach
dem „vornehmeren" Vorgang meist activ „eine Hand-
lung" genannt. ^)
Deshalb erscheinen uns auch die Phantasien
(z. B. ein Märchenschloss) als eine Thätigkeit der Seele.
Bei den Vorstellungen, die vom Körper erregt
werden, hängen zwar die meisten von den Nerven
ab, andere aber werden durch die Lebensgeister
veranlasst, die im Gehirn zufällig über früher dort
bewirkte Eindrücke huschen.
So ist es der Fall, wenn wir wachend oder
schlafend träumen.
^) Ueber die hier vorliegende Verwechslang cf. v. Kirehmann
in Rena Descartes' Philosophische Werke Qherselst, erlftutert and mit
einer Lebensbeschreibung des Descartes versehenyonJ.U.v. Kirchmann.
Berlin 1870. Heimann. (Bd. 26 der bekannten Philosophischen Bibliothek.)
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— 71 —
Bei den Vorstellungen, ^welche auf Nerven-
erregung beruhen, verlegen wir die Ursache teils nach
aussen, teils in unseren Körper, teils in die Seele.
Im ersteren Falle glauben wir dann entsprechende
Wahrnehmungen an den Gegenständen selbst zu
machen, während diese nur Bewegung aussenden.
Wahrnehmungen, die wir dem Körper zu-
schreiben, sind Hunger, Durst und andere
natürliche Triebe; auch Schmerz, Hitze und
andere Empfindungen gehören hierher.
Durch einen und denselben Nerv erfahren wir
gleichzeitig, dass die Umgebung kalt und unsere
Hand warm ist.
Zum Teil halten wir in solchen Fällen das, was
von unserm Körper ausgeht, von dem, was von
aussen kommt, nur durch die Erinnerung, welcher
Eindruck zuerst da war, auseinander.
Der Seele werden die Vorstellungen zu-
geschrieben, deren Wirkungen man in der
Seele verspürt, und die man meist keiner
nächsten Ursache zuschreiben kann.
So ist es der Fall bei den Gefühlen der Freude,
des Zorns und ähnlicher, die bald von den Objekten
erregt werden, welche unsere Nerven erregen, bald
von anderen Ursachen herrühren.
Obwohl man nun sowohl die Vorstellungen,
welche man auf äussere Gegenstände zurückführt,
als die, deren Ursache wir unserm Körper zu-
6*
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^ 72 -
schreiben, passions nennen könnte, so pflegt man
doch diesen Ausdruck allein auf diejenigen zu be-
schränken, die sich auf die Seele selbst beziehen.
Nur diese letzten will Descartes im vorliegenden
Werk erklären.
Eingeschaltet muss werden, dass alle Vorstel-
lungen, die von Nerveneindrücken herrühren, in der
Seele auch durch die zufällige Bahn der Lebens-
geister erregt werden können. Der Unterschied der-
selben besteht ebenfalls darin, dass die auf Nerven-
eindrücke zurückzuführenden stärker und lebhafter
zu sein pflegen.
Die Aehnlichkeit beider Arten von Vorstellungen
kann zur Verwechslung ihrer Ursachen führen.
Solche Verwechslungen sind bei den Leiden-
schaften, die ja die Seele unmittelbar angehen,
ausgeschlossen.
So kann man zwar irrtümlich im Traum Gegen-
stände zu sehen vermeinen, die nicht da sind, em-
pfindet man aber im Traum eine Leidenschaft, wie
z. B. Trauer, so hat die Seele in diesem Moment
die Leidenschaft auch wirklich.
Definition der Leidenschaften.
Leidenschaften sind Vorstellungen oder
Gefühle oder Erregungen der Seele, die man
ihr allein zuschreibt, und die verursacht,
unterhalten und verstärkt werden durch Be-
wegungen der Lebensgeister.
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— 73 —
Zu dieser Definition giebt Descartes einige
Worterklärungen.
So darf Vorstellung hier nicht im Sinne von
sicherer Kenntnis genommen werden. Gefühle werden
die Leidenschaften genannt, weil ihre Wahrnehmung
durch die Seele der seelischen Wahrnehmung körper-
licher Gefühle ähnelt. Am besten aber heissen sie
Gemütsbewegungen, weil sie zugleich die hef-
tigsten Erregungen sind, deren die Seele fähig ist. ^)
Ferner unterscheidet der Zusatz „der Seele" die
Leidenschaften von den auf äussere Gegenstände
oder unsern Körper zurückzuführenden Vorstellungen.
Der Zusatz von ihrer Entstehung durch die Lebens-
geister endlich unterscheidet sie von den Willens-
erscheinungen, die Seelenerregungen genannt werden
können, welche sich auf die Seele beziehen, aber
zugleich von ihr selbst bewirkt werden.
Zum genaueren Verständnis der Wirkung der
Leidenschaften geht Descartes ausführlich auf das
Verhältnis zwischen Körper und Seele, ein.
Die Seele ist mit dem ganzen Körper verbunden,
ist in gewisser Beziehung unteilbar, hat überhaupt
keine Ausdehnung noch irgend welche materielle
Eigenschaften. Die einzige Beziehung, die sie zum
Körper hat, ist die, dass ihr Verweilen im Körper
von dem Zusammenwirken der körperlichen Organe
abhängig ist.
1) Dieser Ausdruc)( „Gemütsbewegungen" ist der auch heute
meist adoptierte.
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— 74 —
Trotzdem giebt es einen Teil des Körpers, in
dem die Seele ilire Funktionen mehr aasübt, als in
allen andern.
Man glaube meist, dass dieser Teil das Gehirn
oder das Herz sei. Zum Gehirn fuhren die Sinnes-
organe und im Herzen fühlt man die Leidenschaften.
Bei genauerer Prüfung glaubt jedoch Des-
cartes evident erkannt zu haben, dass die Stelle
des Körpers, in der die Seele unmittelbar
ihre Funktionen ausübt, keineswegs das Herz
oder das ganze Gehirn, sondern nur sein innerster
Teil ist, ^) nämlich eine kleine Drüse in der
Mitte der Gehirnmasse und so aufgehängt über
den Weg, den die Geister nehmen müssen, die von
den vorderen Höhlungen zu den hinteren gehen oder
umgekehrt, dass ihre kleinsten Bewegungen einen
grossen Einfluss auf den Weg der Geister haben,
und dass andrerseits die kleinsten Aenderungen im
Wege der Geister die Bewegungen dieser Drüse
stark ändern können.
Der Grund zur Annahme, dass die Seele ihre
Wirkungen besonders in dieser Drüse ausübt, ist
folgender:
Alle andern Teile unseres Gehirns treten doppelt
auf, ebenso wie die Sinnesorgane. Nun haben wir
1) Den Umstand, dass nach Descartes die Zirbeldrüse zugleich den
innersten Teil des Gehirns bildet, scheinen mir die gewöhnlichen Dar-
stellangen der carteaischen Lehre nicht zu erwähnen, obgleich er für
Descartes' Ansicht, dass der Sitz der Seele in der Zirbeldrüse sei, wohl
mit massgebend war.
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— 75 —
aber z. B. nor ein Bild von den Körpern, also müssen
sich die beiden von den Angen gelieferten irgendwo
treffen, ehe sie zur Seele kommen. Dies ist nur bei
dieser Drüse möglich, zumal hier, wie oben be-
schrieben wurde, die Lebensgeister vorbei gehen,
deshalb ist die Seele hauptsächlich in der Drüse
wirksam, falls man nicht annehmen will, dass das
von der Drüse gelieferte einheitliche Bild nach einem
andern Orte hingeleitet wird, was Descartes'
Annahme augenscheinlich nicht ist.
3. Abschnitt.
Die Annahme, dass der Sitz der Seele im Herzen
sei, weil wir dort die Leidenschaften fühlen, ist
gerade so sinnreich, wie etwa die Vorstellung, die
Seele wäre im Himmel, weil wir ja dort die Sterne
sehen. Vielmehr geht ein kleiner Nerv vom Gehirn
zum Herzen.
Die Seele hat also ihren Hauptsitz in der kleinen
Drüse in der Mitte des Gehirns, von da strahlt sie
in den ganzen übrigen Körper aus durch die Geister,
die Nerven, ja auch die Arterien, indem das Blut
die durch die Geister bewirkten Eindrücke weiter
trägt. Nach einer kurzen Wiederholung der Wir-
kung der Sinne durch die Nerven auf die Lebens-
geister wird darauf aufmerksam gemacht, dass die
Drüse sowohl von den Lebensgeistern wie von der
Seele bewegt werden kann. Die Bewegungen der
Drüse empfindet die Seele als Vorstellungen,
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— 76 —
Die Maschine des Körpers ist so eingerichtet,
dass die Bewegungen der Drüse ihn veranlassen, die
Lebensgeister nach den Poren des Gehirns zu stossen,
durch die sie längs der Nerven in die Muskeln ge-
führt werden, vermittelst deren dann die Glieder
bewegt werden.
Um die Entstehung der Leidenschaften zu
zeigen, benutzt nun Descartes ein Beispiel, das
wir oben in Hobbes Gedankenkreise ausführten.
Sehen wir zu, wie sich dasselbe bei Descartes
gestaltet.
Angenommen eine seltsame, sehr schreckliche
Gestalt nahe uns.
Das Licht, das von ihrem Körper zurückgeworfen
wird, malt zwei Bilder, in jedem Auge eins. Diese
zwei Bilder geben durch Vermittlung der Sehnerven
Anlass zu zwei weiteren Bildern in der Innenfläche
des Gehirns, von da strahlen diese Bilder durch die
Lebensgeister, von denen die Gehirnhöhlen erfüllt
sind, so nach der kleinen Drüse, dass sich die von
entsprechenden Punkten der Bilder ausgehenden Be-
wegungen im selben Punkte der Drüse treffen, diese
wirkt direkt auf die Seele, so sehen wir das Bild
des Tieres.
Hat nun dies Bild viele Aehnlichkeit mit Dingen,
die vorher dem Körper schädlich waren, so entsteht
in der Seele die Leidenschaft der Besorgnis und
hierauf entweder die der Kühnheit oder der Furcht,
je nach der Veranlagung des Körpers oder der
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— 77 —
Seele, und je nachdem man sich früher schädlichen
Dingen durch die Flucht entzogen oder sich durch
Verteidigung dagegen zu wehren gewöhnt hat.
Denn eine solche Gewohnheit macht das Gehirn
geeignet, dass die von dem Bild auf der Drüse reflek-
tierten Lebensgeister sich teils zu den Nerven be-
geben, welche den Körper drehen und die Beine zur
Flucht bewegen, und teils zu den Nerven, welche
die Oefifnungen des Herzens verändern oder über-
haupt auf die Blutquellen einwirken, so dass das
im Herzen in anderer Weise als gewöhnlich ver-
dünnte Blut Lebensgeister ins Gehirn schickt, welche
die Leidenschaft der Furcht unterhalten and ver-
stärken, das heisst, die betreffenden Poren des Ge-
hirns zum Eintritt der Lebensgeister in die betreffenden
Nerven offen halten oder noch mehr öffnen.
So erregen die auf diesen Wegen geführten
Lebensgeister eine besondere Bewegung in der Drüse,
die eben von der Natur eingerichtet ist, um die
Seele die Leidenschaft der Furcht empfinden zu lassen.
Weil nun diese Poren hauptsächlich zu den
Nerven, welche die Herzöffnungen verändern, in
Beziehung stehen, so empfindet die Seele die Leiden-
schaft der Furcht, als ob sie im Herzen ihren Sitz
hätte. Aehnlich ist es mit allen andern Leiden-
schaften. Ebenso wie die Bewegung der Lebens-
geister zu den Herznerven die Seele mit der Leiden-
schaft der Furcht erfüllt, wird diese Leidenschaft
rein durch die Anordnung der Organe des Körpers
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— 78 —
in der Seele raiterregt, wenn sich die Lebensgeister
in die Nerven begeben, welche die Beine zur Flucht-
bewegung veranlassen.
Grosse Unterschiede in der Erregung entgegen-
gesetzter Leidenschaften bei verschiedenen Menschen
durch dieselben äusseren Ursachen haben ihren
Grund im verschiedenen Bau der Gehirne, wodurch
die Lebensgeister z. B. statt zu den Beinnerven zu
gehen, veranlasst werden, Yerteidigungsbewegungen
der Hände zu bewirken.
4. Abschnitt.
Die Hauptwirkung der Leidenschaften be-
steht bei den Menschen darin, dass sie die
Seele veranlassen, das zu wollen, wozu der
Körper sich anschickt.
Von den oben erwähnten zwei Arten von Ge-
danken stehen nun die thätigen absolut in der
Gewalt der Seele und können nur indirekt durch
den Körper beeinflusst werden, während umgekehrt
die leidenden Gedanken nur indirekt von der Seele
beeinflusst werden können, wenn sie nicht direkt
von ihr abhängen.
Alle Thätigkeit der Seele beruht nun darin allein,
dass sie durch ihre Willensäusserungen die Drüse
in zweckentsprechender Weise bewegt.
Ebenso werden von der Seele, wenn sie sich an
etwas erinnern will, die Lebensgeister durch die
bewegte Dräse nach verschiedenen Seiten hin ent-
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— 79 —
sandt. Der gesuchte Gedanke hatte seinerzeit durch
die ihn begleitenden Bewegungen der Lebensgeister
die Poren in ganz besonderer Weise ausgeweitet,
kommen nun die Lebensgeister wieder durch diese
Poren, so wird in der Seele ein ähnliches Gefühl
erregt, wie bei der Entstehung des gesuchten Ge-
dankens.
So findet ihn die Seele wieder. Ganz analog
wird die Aufmerksamkeit und die Art, wie die
Seele den Körper bewegt, erklärt.
Im Artikel 44 bespricht Descartes die Er-
scheinung, dass nicht alle Bewegungen in unserer
Macht stehen, sondern dass infolge der Gewohnheit
oder einer Natureinrichtung wir mitunter eine Be-
wegung nur indirekt wollen können. So ist es z. B.
leichter ein Wort auszusprechen, als die dazu nötigen
Bewegungen zu wollen.
So können denn auch die Leidenschaften
nicht direkt vom Willen erregt oder beseitigt
werden, aber indirekt durch Vorstellung der
damit verbundenen Erscheinungen, die den
durch die Leidenschaft gewünschten entgegengesetzt
sind. Ein besonderer Grund, der dem Willen, die
Leidenschaften zu unterwerfen, entgegenarbeitet, ist
der Umstand, dass die Leidenschaften fast alle mit
einer Erregung des Herzens und entsprechender Be-
wegung des Blutes und der Lebensgeister verbunden
sind, so dass zwar von schwächeren Leidenschaften
die Aufmerksamkeit abgezogen werden kann, dagegen
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— 80 —
die Seele von solchen, welche gerade stark wirken,
ebenso abhängig ist wie von starken sinnlichen Ein-
drücken. Höchstens kann die Seele abwarten, bis
sich die Bewegung der Geister gelegt hat, und in-
zwischen den durch die Leidenschaft nahe gelegten
körperlichen Bewegungen nicht nachgeben.
In diesem Kampf der körperlichen Lebens-
geister und der Seele, die beide gleichzeitig die
Drüse erregen, besteht der sonst so genannte Streit
zwischen sensitiver und vernünftiger Seele oder natür-
lichen Gelüsten und dem Willen. Die Seele ist
einheitlich.
An diesem Kampf erprobt mau die starken
imd die schwachen Seelen. Descartes unter-
scheidet drei Grade: die einen unterwerfen die
Leidenschaften rasch durch Ueberlegung, die andern
bekämpfen sie durch Lieblingsleidenschaften, und die
schwächsten Seelen gehorchen jeder Leidenschaft, die
sie erfasst. Der letzte Fall ist selten. Allein auch
bei Unterwerfung der Leidenschaften durch Ueber-
legung kommt es darauf an, ob diese Ueberlegung
richtig oder falsch ist.
Descartes schliesst diesen allgemeinen Teil
seiner Untersuchung über die Leidenschaften mit dem
Satze, dass keine Seele so schwach sei, dass
sie sich nicht unter richtiger Anleitung eine
vollkommene Gewalt über ihre Leiden-
schaften erwerben könne.
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— 81 —
Der Weg zu diesem hohen ethischen Ziel ist
die Gewöhnung. Diese übt ihren Einfluss, wie
die Dressur zeigt, ja sogar auf die unvernünftigen
Tiere aus.
Haben wir somit in engem Anschluss an Des-
cartes selbst zum Teil in wörtlicher Uebersetzung
diesen wichtigsten Teil seines Werkes genauer kennen
gelernt, so beschränke ich mich bezüglich der beiden
andern auf ganz kurze Andeutungen.
Um jedoch dadurch nicht den Masstab zu ver-
rücken für die Ausdehnung, welche die einzelnen
Teile in Descartes Werk selbst einnehmen, betone
ich, dass in der oben citierteu Ausgabe der erste
Teil 78, der zweite Teil 125 und der dritte Teil
71 Seiten umfasst.
Zweiter und dritter Teil.
Der zweite Teil beginnt mit folgender Regel,
um alle Leidenschaften zu finden: Da sie sämt-
lich von den äusseren Objekten erregt werden können
und meist in der That durch sie erregt werden, so
genügt es, alle Wirkungen dieser Gegenstände zu
besprechen, die in Betracht kommen.
In Betracht kommen aber diese Erregungen nur,
insofern sie uns nützen oder schaden können, über-
haupt wichtig sind.
Hiernach werden nun aufgezählt: Die Ver-
wunderung, die allen andern vorausgeht, indem sie
uns nur auf die Neuheit einer Sache aufmerken lässt,
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— 82 -
ohne das eben erwähnte Kriterium der Wichtigkeit
derselben für qqs.
Unmittelbar mit der Verwunderung verbunden
ist die Achtung und Verachtung, je nachdem wir
uns über die Grösse oder Kleinheit einer Sache
verwundern. Hieraus kommen, wenn wir selbst
Gegenstand der Verwunderung sind, die Leiden-
schaften und später die Gewohnheiten der Hoch-
herzigkeit oder des Stolzes und der Bescheidenheit
oder Niedrigkeit der Gesinnung.
Sind andere die Ursache der Verwunderung, so
heissen die entsprechenden Leidenschaften Ver-
ehrung und Abscheu.
Tritt zu den genannten Leidenschaften die Be-
urteilung als Gut oder Uebel für uns, so erhalten
wir die Leidenschaften Liebe und Hass.
Aus der gleichen Erwägung entstehen auch alle
andern Leidenschaften, um sie aber ordnen zu können,
wird die Zeit, auf die sie sich beziehen, berücksichtigt.
Auf die Zukunft bezieht sich das Verlangen.
Hierbei denkt man bloss an die Möglichkeit des
Eintritts.
Zieht man aber den Grad der Wahrscheinlichkeit
mit in Rechnung, so erhalten wir Hoffnung und
Furcht und verwandte Leidenschaften.
Denkt man ausserdem an die Abhängigkeit des
Eintritts von uns selbst, so entstehen Mut und
Feigheit und ähnliche.
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— 83 —
Auf Gegenwart oder Vergangenheit beziehen
sich die aus unseren Entschlüssen entspringenden
Gewissensbisse.
Wird ein gegenwärtiges Gut oder Uebel vor-
gestellt als uns angehend, so entsteht Freude oder
Trauer. Auf andere bezogen entsteht entsprechend:
Spott, Neid, Mitleid.
Aus dem Gedanken an die Ursache des Guts
oder Uebels entsteht die Selbstzufriedenheit oder
Reue mit uns und entsprechend Dankbarkeit und
Gunstbezeigung oder Unwillen und Zorn
gegen andre.
Denken wir an den Eindruck, den unser Zustand
oder unsere Vergangenheit auf die Meinung andrer
ausübt, so entstehen die Leidenschaften der Scham
und der Ehre.
Die Dauer des Guts erregt unter Umständen
Langeweile oder Ueberdruss. Der Gedanke an
vergangenes Gut bringt Verdruss, eine Art Traurig-
keit, entsprechend entsteht aus dem Gedanken an
vergangenes Uebel Fröhlichkeit, eine Art der
Freude.
Nachdem Descartes noch darauf aufmerksam
macht, dass diese Einteilung ganz neu sei, und
die alte Einteilung nach den beiden Seelenvermögen
des concupiscibleu und des irasciblen zurückgewiesen
hat, zählt er als die sechs hauptsächlichsten
Leiden Schäften auf: Bewunderung, Liebe, Hass,
Verlangen, Freude, Traurigkeit. Mit der aus-
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- 84 —
führlichen Erklärung dieser befasst sich der zweite
Teil, im dritten werden die andern aas diesem
abgeleitet.
Hierbei werden stets die körperlichen Be-
gleiterscheinungen mit erwähnt. Einigen derselben
sind besondere Artikel gewidmet, wie den Ausdrucks-
bewegungen der Augen und des Gesichtes (113), dem
Erröten durch Freude (115), Erbleichen vor Trauer
(116), Erröten vor Trauer (117), dem Lachen (124),
den Thränen (128), den Seufzern (134).
Von allgemeinerem Interesse sind endlich noch
die folgenden Artikel, auf die wir kurz eingehen.
Im Artikel 74 wird die wichtige Frage erörtert,
wozu dienen und inwiefern schaden die
Leidenschaften?
Die Antwort ist: sie befestigen und lassen in
der Seele andauern gute oder schlechte Gedanken.
Als Generalmittel gegen die Leidenschaften wird
im vorletzten Artikel des Buches ausgeführt:
Alle Leidenschaften sind von Natur aus
gut, wir müssen nur ihre schlechte Benutzung oder
Uebertreibung vermeiden.
Dies kann dadurch geschehen, dass man seinen
Körper zwingen lernt in der Weise, wie esDescartes
bei den einzelnen Leidenschaften angiebt.
Doch giebt es ein leichteres und allgemeineres
Mittel. Man verschiebe die Ausführung der von
der Leidenschaft angerateneu Entschlüsse und suche
sich zu zerstreuen, bis sie sich besänftigt haben.
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— 85 —
Mass man sich aber sofort entschliessen, so handle
man entgegen dem Rate der Leidenschaft.
In gewisser Hinsicht könnten wir diese Ueber-
sicht der passions de Täme nicht besser schliessen als
mit der Ueberschrift des letzten Artikels: Von den
Leidenschaften allein hängt alles Glück und
£lend dieses Lebens ab.
Für den Metaphysiker Descartes scheint
mir aber ein anderer Aasspruch von so grosser
Wichtigkeit, dass wir mit ihm dies Kapitel schliessen
wollen.
Er findet sich im Artikel 136 und lautet:
Ich will mich begnügen, das Princip zu
wiederholen, auf das alles, was ich über
Leidenschaften geschrieben habe, sich stützt.
Es besteht eine solche Verbindung zwischen
unsrer Seele und unsrem Körper, dass, wenn
wir einmal eine körperliche Handlang mit
einem Gedanken verknüpft haben, der eine
der beiden Vorgänge sich uns später nie
zeigt, ohne dass sich der andere gleichzeitig
zeigt, und zweitens: nicht immer werden die-
selben Handlungen mit denselben Gedanken
verbunden.
-^^
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Kapitel V.
Kritik der Lehre des DESCARTES.
Oest des passions seules que depend
tout le dien et le mal de cette vle.
DESCARTES, Passions de' Päme. Art, 212,
Eine eigentümliche Beurteilung der den Passions
vorgedruckten Briefe findet sich in der deutschen
Uebersetzung der „Passions" von v. Kirch mann. ^)
Es heisst hier wörtlich:
„Alle Ausgaben enthalten statt der Vorrede
vier Briefe, zwei von einem Freunde des
Descartes in Paris und zwei Antworten
von Descartes. In jenen werden ihm über
seine „Principien der Philosophie" harte Vor-
würfe gemacht und er zugleich getadelt, dass
er zur Fortsetzung der nach seiner Meinung
nötigen Experimente sich nicht an den König
von Frankreich oder an die französische
Ren6 Descartes' Philosophische Werke übersetzt^ erlftutert und
mit einer Lebensbeschreibung des Descartes versehen von J. H.
V. Kirchmann. 4. Abtig. Über die Leidenschaften der Seele. Berlin 1870,
Heimann. (Bd. 26 der bekannten Philosophischen Bibliothek.) pag. 7.
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-^ 87 -
Nation wende. Der Verfasser sucht alles
hervor, am Descartes zur Fortsetzung dieses
Werkes zu veranlassen, droht unter anderem
mit der Veröffentlichung seines durchaus nicht
artigen Briefes und verlangt überdies die
Mitteilung der Schrift „über die Leiden-
schaften'S von der er gehört habe. — Dieser
Brief ist sehr lang und hat dabei zu wenig
Wert, um eine üebersetzung zu verdienen."
Daher giebt v. Kirch mann weder den ersten
noch den zweiten kürzeren Brief des unartigen
Freundes wieder.
In Wirklichkeit ist jedoch der erste Brief nicht
nur augenscheinlich von begeisterter Freundschaft
für Descartes eingegeben, sondern enthält auch
mehrere äusserst interessante Daten.
Der Zweck des Briefes ist, den lässigen Des-
cartes wieder zur Herausgabe eines grösseren Werkes
zu „quälen", „de tourmenter un peu", wie der Schreiber
selbst sagt. Nebenbei wird indirekt dazu auf-
gefordert, Descartes bei seinen grossen für die
ganze Menschheit wichtigen Untersuchungen zu unter-
stützen. Wie kostspielig derartige Untersuchungen
sind, gehe hervor aus dem Beispiel Gilberts —
dem allein der Magnetstein mehr als 50 tausend
Thaler kostete. Unmittelbar im Anschluss au diese
Notiz erwähnt der Autor des Briefes die Instauratio
magna und den Novus Atlas (Mova Atlantis) des Kanzlers
7*
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— 88 —
Bacon, der ihm von allen, die vor Descartes ge-
schrieben, die besten Gedanken über die Methode
zur Vervollkommnung der Physik gehabt zu haben
scheint.
Da ist es nun interessant, dass Baco gerade in
der Instauratio Magna (De Augmentis Scientiarum liber IV.
Cap. III) dazu auffordert, zu untersuchen, wie die
Seele, die man sich materiell denken müsse aber
von ganz feiner Substanz, den groben Körper be-
wegt, und welche Rolle bei der Bewegung des Körpers
den Lebensgeistern zukomme. ^)
Der Autor des Briefes erwartet von Descartes
hauptsächlich den weiteren Ausbau seiner Philosophie.
Drei Dinge müsse Descartes der Welt gegen-
über betonen: 1. dass es eine Unmenge Dinge in der
Physik zu finden giebt, die für das Leben sehr nütz-
lich sind; 2. dass man allen Grund hat, diese Er-
findungen von ihm zu erwarten; 3. dass er desto
mehr finden kann, je mehr ihm Gelegenheit gegeben
wird, zahlreiche Versuche anzustellen.
Zu statten komme Descartes sein über alle
Zweifel erhabener Name als Mathematiker. Habe
er doch der Nachwelt nur die Rolle von Aehren-
lesern übrig gelassen.
Sollten alle diese Aufforderungen Descartes
nicht zur Fortsetzung seiner experimentellen Arbeiten
aufrütteln können, so möge er ihm wenigstens den
^) Baco von Verulam Lc, vergl. auch Kap. 1 dieser Abhandlung
pag. 29 ff. und pag. 24.
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— 89 —
Traktat über die Leidenschaften zur Veröffent-
lichung schicken, von dem er bereits zn Anfang des
Briefes schreibt, dass er van seiner Abfassung ver-
nommen, ihn aber nicht zu Gesicht bekommen habe.
Diese Auszüge aus dem auch sonst interessanten
Briefe mögen genügen.
Descartes beantwortet ihn sehr charakteristisch
im wesentlichen mit folgenden beiden Gründen:
Erstens wird die von dem Freund angedrohte
Veröffentlichung des Briefes wohl nicht den Zweck
erreichen, den ihm jener dabei im Auge zu haben
scheint, zweitens ist er gar nicht unwillig auf das
Publikum, sondern ihm im Gegenteil wegen der
guten Aufnahme seiner früheren Werke zu Dank
verpflichtet. Die Schrift über die Leidenschaften will
Descartes ihm, sowie er sie nochmals durchgesehen,
zur beliebigen Verwendung zuschicken.
Der zweite Brief des unbekannten Freundes be-
schwert sich über die Verzögerung der Zusen-
dung des Traktats über die Leidenschaften.
Der Grund sei wohl, dass sich Descartes vor der
Veröffentlichung des ersten Briefes scheue, der ihn
an die Physik triebe.
Die Antwort Descartes' lautet: Er würde gern,
wenn er die nötige Unterstützung hätte, seine Experi-
mente wieder aufnehmen. Was die „Passions" anbe-
trifft, so habe er längere Zeit gebraucht, sie durch-
zusehen, als vorher bei der Abfassung. Trotzdem
habe er wenig geändert. Nicht als Redner oder
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ÖÖ
Morälphilosoph, nur als Physiker bab« er die
Leidenschaften behandelt.
Zum Schlass folgt die pessimistische Bemerkung,
dass folglich die Abhandlung wahrscheinlich kein
besseres Schicksal, wie seine andern Schriften haben
werde, trotzdem sie vielleicht auf den Titel hin meMr
Leser fände. So wie sie ist, lege er sie in die Qände
des Freundes.
Die in den „passions de Täme** niedergelegten
Lehren des Descartes werden wir im nächsten
Kapitel mit den einschlägigen Lehren des Hob b es
zu vergleichen haben.
Die wichtigste Rolle in der Lehre des Des-
cartes spielen, wie wir sahen, die „Lebensgeister".
Man wird an das Wort Harveys über dieselben er-
innert. Sie sind in der That (^eog «n6 /ii?/«i^ff cf. pag. 67
Anm. 1. Descartes führt die wie oben erwähnt
von Baco aufgestellte Forderung durch und zwar
mit einer bewundernswerten Consequenz.
Freilich ist seine Hypothese im Princip
uralt. Es ist die Lehre vom Pneuma, die im
Altertum begründet, im Mittelalter bis auf Descartes
schon sehr subtil ausgearbeitet war, und der wir
im Kapitel I bereits öfters begegneten.
Darnach führten die Venen Blut, die Arterien,
wie bei Descartes, Pneuma. Bei Galen durchdringt
sogar das feinere Pneuma, welches auch die Hirn-
Ventrikel erfüllt, die Nerven,
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91
Fassen wir zasammeo: Den Stoikern waren
die Affekte durch Pneumata bedingt, Galen hatte
den Sitz der Seele in der Zirbeldrüse angenommen,
Baco das Programm zur genaueren Durchfährung
der Erklärung der Bewegungserscheinungen mittelst
der Lebensgeister aufgestellt.
Die D esc artes' sehe Lehre ist also ihren Mitteln
nach keineswegs neu, wie bereits Siebeck und
V. Volkmar darlegten. ^)
Daher ist es durchaus unhistorisch, wenn
Plessner sagt:
„Gerade dadurch weicht Des carte s von
allen seinen Vorgängern erheblich ab, dass
er in den Leidenschaften zugleich ein. soma-
tisches und ein psychisches Moment erblickt,
während man vor ihm geneigt war, sie fär
rein geistige Vorgänge anzusprechen," ^)
Ungenau ist ferner die Angabe ^) Plessners
„von hieraus eilen die Lebensgeister durch
die Nerven, welche a|s feine Röhren gedacht
werden, nach den Muskeln.^
Nach D.escartes laufen die Lebensgeister nicht
in dem Mark der Nerven, sondern längs der röhren-
artigen hautigen Begrenzung. ^)
cf. Sieb eck 1. c. I. 2. pag* 495.
3) cf. Plessner 1. c. paur- 14 nnd 16.
3) Ib. pag. 15.
*) Bei Desc artes findet sich eine kurze and eine genauere Be-
schreibung des Vorgangs. Passions de l'&me 1. Art, 7 and 12,
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— 92 —
Die gegen Schlnss des vorigen Kapitels an-
gefahrte Regel Descartes', dnrch Gewöhnung den
Geist Zur Ueberwindnng der Leidenschaften zu
schalen, fiodet sich schon, wie wir im ersten Kapitel
sahen, bei Aristoteles.
Trotzdem somit die zunächst in die Augen
springenden Lehren in Descartes' Schrift durchaus
nicht neu sind, kann ich doch nicht dem scharfen
Urteil V. Kirchmanns über diese Schrift bei-
stimmen. ^)
Viel zu wenig scheint mir bisher das psycho-
logische Material, das Descartes in seiner Schrift
zusammengetragen hat, gewürdigt zu sein.
Gleichwohl ist das Urteil des Descartes über
seine Vorgänger durchaas unhaltbar. ^
1) cf. ▼. Klrchmann 1. c. pa^;. 10 Aomerknng.
2j cf. y. Kirchmann 1. c. pag. U» woselbst das Urteil Descartes
über die Alten als za hart erkannt wird. In den Anmerkungen erkennt
V. K. Descartes manches Verdienst zu.
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Kapitel VI.
HOBBES nnd DESCAßTES.
Bei einer Vergleichung der Hobb es* sehen Schrift
„Humane Nature" mit des Descarfces' Passions de Täme
kommt zunächst die Zeit der Abfassung beider
Schriften in Frage.
Humane Nature erschien zuerst 1650 im Druck als
ein Teil der Schrift Elements of Law, doch bemerkt
Tönnies, dass in einem alten Exemplar in der Samm-
lung „the Kings Pamphlets" im Britischen Museum dieses
Jahr mit einer alten Handschrift in 1649 umgeändert
ist unter Zufügung des Datums 2. Februar. ^) Die
zweite (Separat-) Ausgabe von Humane Nature erschien
unter dem in Kapitel II angegebenen Titel 1651.
Dem gegenüber erschienen die „Passions" 1649 in
Amsterdam, 1650 in Paris. ^ Da jedoch unter dem
^) Cf. TOnnleS, The elemetUs of Law luUural and politic hy Thomat HOBBES
of MtUmetbury. Edited with a prejace and critical nole» hy Ferdinand TÖNNIES,
Ph» D. To which are subjoined selected ejtiracts from unprinted MSS. of Thomas
HOBBES. London, Simpkin, Marshall and Co. 1889. pag. V,
^ Ueberweg-Heinze, Grundriss der Groschichte der Philosophie
der Kenzelt. 7. Aafl. Berlin 1888. pag. 63 hat: Lea paasiom de l'äme. Amst-
1660, ebenso Plessner, 1. c. pag. 12. Dagegen bat y. Kirchmann 1649
cf. Ren^ Descartes Philosophische Werke übers, von v. Kirchmann.
I. Abtlg. Berlin 1870. pag. 9. Ebenso heisst es in der Hachette'schen
Aasgabe Oeuvre» choisiet de DESCARTES. pag. 188. (Ce traitä i /ut imprime pour
la premiere fois ä Amsterdam en 1649,
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-. 94 —
zweiten oben erwähnten Briefe des Descartes 14. Aug.
1649 steht, so würde, wenn die oben erwähnte hand-
schriftliche Bemerkung richtig ist, Hobbes' Werk
früher gedruckt sein.
Allein ganz anders wird das Verhältnis noch,
wenn wir die Vorgeschichte der gedruckten
Werke ins Auge fassen.
Descartes schrieb seine Abhandlung im Jahre
1646 fär die Prinzessin Elisabeth von der Pfal^,
nachdem er das Thema der Leidenschaften schon in
den meisten aus dem Jahre 1645 stammenden Briefen
an diese Fürstin behandelt hatte. ^)
Wie aus dem ersten der den „passions" vor-
gedruckten Briefe Descartes' hervorgeht, war er
durchaus nicht bereit, seine Abhandlung vor dem
Druck vielen zu zeigen.
Während so Descartes' Beschäftigung mit dem
Gegenstande auf das Jahr 1645 zurückfuhrt, cursierten
bereits seit dem Jahre 1640 in England Copien der
Schrift Elements of Law, von der „Humane Nature" ein
Teil ist. Dieselben sind uns in mehreren Exemplaren
erhalten. ^
Auch die Dedikationsepistel an den Grafen von
Newcastle, die den gedruckten Ausgaben voran-
steht, ist unterzeichnet: London, May 9. 1640.
Schon im August 163B schreibt aber Hobbes
an Newcastle, dass ihm um die Anwendung der
1) cf. Plessner 1. c. pag. 12.
-') cf. Tön nies, Element» of Law. pag. VIII f.
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— 95 —
Piincipien der Naturwissenschaften auf die Fähigkeiten
und Passionen der Seele nach wie vor zu thun sei. ^)
Tön nies publiciert auch einen vielleicht 1631
verfassten Aufsatz, der gewissermassen die Vorarbeiten
für „Humane Nature" enthält.^
Soll also von einer Priorität die Eede sein, so
muss dieselbe Hobbes vindiciert werden.
Hobbes und De«cartes hatten auch persönliche
Beziehungen zu einander. Im Sommer 1648 trafen
sie sich mit Gassendi beim Marquis von Newcastle. ^
Femer erschienen bekanntlich unter den übrigen
Objektionen auch die von Hobbes im Anhang zu
den „Meditationen" des Descartes.
Eigentümlich ist eine von Tönnies angeführte
Stelle eines Briefes von Hobbes vom 16. Mai 1646,
worin er befürchtet, Descartes würde die Heraus-
gabe einer Hobbes^schen Schrift zu hintertreiben
suchen, falls er davon erfahre.*)
Auf pag. 98 u. f. seiner ofb angezogenen Mono-
graphie zieht Tönnies an Stelle der alten Parallele
Baco-Descartes, die neue Descartes-Hobbes.
Für uns besonders von Interesse ist die folgende
Stelle (pag. 99):
„Beiden (Descartes und Hobbes) liegt
hauptsächlich an der Verwertung dieser neuen
1) cf. Tön nies, „Hobbes** 1. c. pa«. 17.
^) cf. TOunies, Elements 0/ Law. pag. XII ond pag. 193 ff., sowie
TOnnies, nHobbes** l. c. pag. 15.
8) cf. Tönnies, „Hobbes" 1. c. pag. 31.
«) ib. pag, 26,
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— 96 —
Physik für die Lehre vom Menschen, Des-
cartes mehr in Absicht auf Physiologie und
Medizin, Hobbes mehr in Absicht auf Psy-
chologie und Ethik."
Wie wir sahen, tritt in den betrachteten Schriften
jedoch die Ethik mehr bei Descartes als bei Hobbes
in den Vordergrund.
Aeusserlich betrachtet scheinen zunächst die beiden
Schriften „Humane Nature" und „Les passions de Päme"
überhaupt durchaus verschieden. Hobbes Schrift in
Form eines Essays abgefasst, ein bewundertes Meister-
stück der Darstellung, will eine Vorbereitung sein für
die Erklärung der Gesetze und der Politik. Hierzu
muss zuerst die menschliche Natur erforscht werden.
In scheinbar kunstloser Form mit Redewendungen
des täglichen Lebens und an greifbaren Beispielen
wird erklärt, wie die Vorstellungen und Willensakte
des Menschen zu verstehen seien, und unter steter
Beziehung auf den Entwicklungsgang der Menschheit
werden die Leidenschaften desselben einer Betrachtung
unterzogen, bei der stets das politische Endziel durch-
schimmert. Zum Schluss klingt die Darstellung aus
in ein farbenprächtiges Bild, das besonders den eng-
lischen Leser packen musste: Das ganze Leben mit
seinen Leidenschaften ist ein einzigartiges Wettrennen,
bei dem jeder den andern mit allen Mitteln zu über-
holen sucht. Und über der ganzen Darstellung schwebt
das schmerzhafte Lächeln des Menschenkenners: unjust
is the fer greater part of men.
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— Ö7 —
Mit bedächtiger gelehrter Ausführlichkeit geht
dagegen Descartes vor. Das in 3 Bücher geteilte
Werk behandelt in einer umfangreichen Einleitung
die Beziehungen zwischen Leib und Seele des Menschen
und stellt eine complicirte Theorie auf, nach der die
Seele im ganzen Körper ist, aber besonders vom
Mittelpunkt des Gehirns aus auf die körperlichen
Lebensgeister wirkt, während sie selbst als unkörperlicher
Natur beim Tode entweicht. Dann werden die Leiden-
schaften aus dieser Theorie der Wechselwirkung
zwischen Körper und Seele abgeleitet und aus 6 Haupt-
leidenschaften, die ausführlichst behandelt werden,
der Eeihe nach alle andern mit peinlicher Sorgfalt
deduciert und nach ihrem Entstehen, ihren körper-
lichen Begleiterscheinungen, ihrem ethischen Charakter
entwickelt.
Der Schluss des Werkes lehrt, dass von den Leiden-
schaften alles Glück und Elend dieser Welt abhänge.
Bei einer genaueren Durchsicht der beiden
Schriften zeigen sich jedoch eine grosse Reihe
von nicht unerheblichen principiellen Ueber-
ein Stimmungen.
Zunächst behandeln beide Werke die Leiden-
schaften in engem Zusammenhang mit den Fragen:
Wie kommen Vorstellungen und Willensakte
zustande, welches ist das Verhältnis zwischen
Seele und Leib?
Während Hobbes der Seele zwei Kräfte zuer-
teilt, die Kraft des Erkennens (power cognitive} und die
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^ 08 -^
bewegende Kraft (power motivc) und der ersten von
beiden das Erkennen und Verarbeiten der Vorstel-
lungen zuschreibt, unterscheidet D es cart es ganz analog
leidende und thätige Gedanken und rechnet zu den
ersten die Vorstellungen und Kenntnisse, die Hobbes
von der power cognitive abhängig sein lässt.
Ebenso wie fernet die power motive des Hobbes
auf den Willen hinausläuft, ist dies bei den thätigen
Gedanken des Descartids der Fall.
Was zweitens die Frage nach dem Verhältnis
von Körper und Seele anlangt, so ist weder die Dar-
stellung des Hobbes noch die des Descartes völlig
abgeklärt.
Beide gravitieren aber nach der Auffassang eines
psycho-physischen Parallelismus hin. Ich ver-
stehe darunter die Constatiening eines steten Zusammen*
Seins des Geistigen und Leiblichen, während über das
„wie^ desselben nichts feststeht. Bei Descartes
ist dieser Standpunkt in der oben erwähnten Stelle
(Kap. IV Schluss) schon nahe erreicht. Der Vor-
läufer des Occasionalismus und der prästabilierten
Harmonie*) wird sogar von Euler der Begründer des
„Systeme des causes occasionelles" genannt. ^)
Für Hobbes ist ein Geist ohne Körper ein
Unding. *) Bezüglich des Parallelgehens der geistigen
1) cf. Plessner 1. c. p»f. 38.
^) cf. Ealer, Lettre» « une Princaue d*AUemagne sur äivert mjet» de
Phpsique et de PkUowphie, I, //. Beme 1778. pag. 11.
3) cf. Hobbes, Humane JfiUmre Ckmp, XI, 4. SpiriU supernaturai com-
mnnly nguiße »ome »ubUanee without dimeasiom ; wkieh tivo words do flaUy contradiet
one another. cf, auch Chap. XI, S.
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- 99 -
und körperlichen Vorgänge bei ihm vgl. unsere obige
Darstellung.
Die Meinung, Hobbes sei Materialist, der seelische
Vorgänge überhaupt nicht kenne, ist meines Erachtens
durch eine zu äusserliche Auffassung seiner diesbezüg-
lichen Lehren hervorgerufen. Im übrigen bietet
auch sie eine weitere Parallele zu Descartes, von
dem Lange gleichfalls behauptet, er sei im Grunde
Materialist. ^)
Eine Bestätigung für die letzten Behauptungen
finde ich bei Tönnies. ^
Die Benutzung der Lebensgeister bei Descartes,
deren Hobbes sich anderweitig auch bedient, ist
mehr durch die Ausdrucks weise, als durch den
Thatbestand von der Erklärungsweise des Hobbes
verschieden.
Was bei Descartes Bewegung der Lebensgeister
ist, ist bei Hobbes Bewegung des Gehirns oder einer
inneren Substanz im Kopf, ja er nennt sogar als
dritte Möglichkeit die „spirits", die ihm so körperlich
sind, wie Descartes.
Die specielle Ausgestaltung der Bewegung dieser
spirits nach den Ideen Galens und Bacos bilden
allerdings einen charakteristischen Bestandteil der
Lehre des Descartes, der bei Hobbes fehlt.
Eine weitere Aehnlichkeit bei beiden For-
schern ist, wie erwähnt, das entschiedene Hinneigen
1) Lange, Gesch. d. Mater., I. 3. Aail. pag. 203, 221.
2) Tönnies, ,,Hobbes% pag. 124.
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— 100 -
zu physikalischer Erklärungsweise, wie sie
auch im Programm beider Philosophen deutlich aus-
gesprochen wird.
Dass Hobbes hierin einer der Vorläufer des
Descartes ist, wird in einer auch sonst recht in-
teressanten anonymen Schrift: „Voyage du monde de
Descartes. Paris 1694." bei Gelegenheit bemerkt.^)
Kommen wir nun zur Theorie der Leiden-
schaften selbst, so erscheint allerdings ein tief-
greifender Unterschied vorhanden.
Bei Hobbes veranlasst der Geist (mind) animal
motion, die Wirkungen dieser sind die Leidenschaften,
bei Descartes sind umgekehrt die Leidenschaften
veritable passions, Leiden, welche durch Körperthätig-
keit verursacht werden.
Stehen wir hier nicht vor einem schroffen
Gegensatz?
^) Votage du monde de DESCARTES. Suioant la Copie. ' A Paris, Chez' a
Veutfe de Simon Benard. 1694. pag. 63 . . Et ainsi le grand principe de Monnieur
DESCARTES est etabli: Qu'un corps de lui-meme demeure dans l'ätat oü on Va
remis . . . Mais au reste ce principe n*est pas particulier ä Monsieur DESCARTES,
GALILEE avant lui, GASSEN DI^ HOBBES, MAIGNAN etc. le supposent verUable.
Diese Worte werden dem Pater Mersenne in den Mond gelegt.
Ich kann mir nicht versagen» auf diese witzige und viele interessante
Bemerkungen übep Descartes und seine Zeitgenossen enthaltende Schrift
besonders aufmerksam zu maehen. Ich fand die Schrift, soweit meine durch
die Zeit allerdings sehr beschränkten Nachforschungen gestatteten, nirgends
erwähnt. Auch nicht in Lehmann 's vorzüglichem Werke „Aberglaube
und Zauberei'*. Der Grund, warum ich hier nachsah, ist folgender:
Die poetische Einkleidung der Schrift, in der in sarkastischer Weise
gezeigt wird, wie Descartes Imstande ist, in einem verzückten Zustand
seine Seele von der körperlichen Maschine zu trennen, mit ihr unsichtbar
durch die Luft zu fliegen etc., erinnert Iftcherlich an die Märchen der
heutigen Spiritisten. — Ich fand die Schrift zufftllig in der Orossherzoglichen
BibUothek asu Oldenburg.
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— lÖl —
Sehen wir genauer zu! Was geht bei Hobbes
dem Augenblick voraus, in dem der Geist im Körper
animal motion erregt?
Wir sahen, dass dieser Erregung eine Willens-
handlung vorausgeht, die ihrerseits das Ergebnis
wechselnder Leidenschaften ist, welche wieder im
letzten Grunde auf Vorstellungen zurückzuführen sind.
Ist nun hier kein Zirkel vorhanden? Nur in der
Ausdrucksweise. Die oben hingestellte Definition, die
sich, wie wir sahen, bei Hobbes selbst findet, müsste
richtig und ausführlich heissen: Dadurch, dass der
Geist animal motion erregt, empfinden wir die bereits
bestehende Leidenschaft.
Im übrigen verstärkt bei Hobbes die so ent-
standene Empfindung die ursprüngliche Leidenschaft.
Wir haben hier und in ähnlicher Weise bei
Descartes eine Art von Dynamoprinzip, wie
etwa bei der Wirkungsweise einer Dynamomaschine.
Der Geist ist der Elektromagnet, der
Körper der Drahtring und die Leidenschaft
der Strom.
Eine weitere Uebereinstimmung zeigt sich
auch in der Einteilung der Leidenschaften.
Descartes führt fünf seiner Grundleidenschaften,
die nebenbei bemerkt manche Aehnlichkeit mit den
von Thomas von Aquino zu Grunde gelegten haben,
zunächst zurück auf Liebe und Hass, die selbst wieder
aus der sechsten Grundleidenschaft der Verwunderung
hervorgehen.
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— 102 —
Hierbei bedeuten Liebe und Hass Vorstellung
ded Gegenstandes als nützlich oder schädlich.
Insofern ist bereits eine, wenn auch geringe
Uebereinstimmung mit Hobbes vorhanden^ der schliess-
lich alles auf Lust oder Unlust zurückflihrt, Begriffe
die ihm gleichfalls das Moment des nützlich oder
schädlich Gedachten enthalten.
Im übrigen besteht aber gerade in der durchaus
verschiedenen weiteren Einteilungsweise der Leiden-
schaften ein Hauptunterschied der beiden Lehren.
Nur das eine sei noch hervorgehoben, dass beide
die Leidenschaf ben im letzten Grunde auf Vorstellungen,
die von aussen veranlasst werden, zurückfähren.
Eine ganz besonders bemerkenswerte Ueberein-
stimmung zeigen femer Hobbes und Descartes in
der Rolle, die sie der Verwunderung resp. Be-
wunderung als Leidenschaft zuweisen.
Beide führen alle Künste und Wissenschaften
auf die Verwunderung zurück.
Bei Descartes spielt sie ausserdem, wie wir
sahen, noch eine besondere Rolle, insofern die übrigen
Leidenschafken auf sie zurückgeführt werden.
Da ist es nun interessant, dass Baco von Ver ulam
die Verwunderung ebenfalls als Affekt hat, *) des-
gleichen in der Instauratio (de augmentis scientiarum Lib. I)
die admiratio semen scientiae nennt, wie denn auch
^) Baco von Verulam, Hittoria vilae et mortis, Hb, IV,
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— 103 —
Aristoteles seine Metaphysik mit dem Wisse^strieb
als der Mutter aller Philosophie beginnt.
Noch sei erwähnt, dass Hobbes und Descartes
beide in den in Frage stehenden Schriften eine Theorie
des Gedächtnisses geben.
Im übrigen mögen diese Ausführungen genügen.
Schliessen wir unsern Vergleich mit der
Bemerkung, dass sowohl für Hobbes wie für
Descartes die Gemütserregungen seelische
wie körperliche Momente enthalten und, dass im
Grunde beiden Forschern die Leidenschaften
kein Uebel sondern ein köstliches Gut sind.
:S^
8»
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Rückblick und Ausblick.
Est deuB in nobis, agitante calescimus iilo.
Hat uns das erste Kapitel in das Altertum
und Mittelalter geführt, um den Vorgängern der
beiden berühmten Philosophen des siebzehnten Jahr-
hunderts, deren Theorien über die Leidenschaften
den Gegenstand unserer Abhandlung bilden, einen
kurzen Besuch abzustatten, so will dieses Schluss-
kapitel ein Band zwischen den Lehren des Hob b es
und Descartes mit den einschlägigen Theorien
der Gegenwart herstellen.
Auf irgend welche Vollständigkeit in der Auf-
zählung dieser Leliren ist liier nocli weniger Gewicht
gelegt wie im ersten Kapitel.
Das naturgemässeste Band wäre die Fortent-
wickhmg jener Leliren seit dem siebenzehnten Jahr-
hundert bis auf die Gegenwart. Ein solches würde
jedoch uns viel zu weit führen, daher sei dies-
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— 105 —
bezüglich nur auf die interessante Gesclüchte der
Psycliologie von Dessoir^) verwiesen.
Auf die üebereinstimmung einiger Sätze in
Baumanns Willenstheorie mit diesbezüglichen
Lehren von Hobbes wurde bereits zu Eingang des
zweiten Kapitels hingewiesen.
Femer erschienen im Jahre 1900 zwei wichtige
Werke: „Die Völkerpsychologie" von Wundt*)
und J. M. Baldwin „Das soziale und sittliche
Leben erklärt durch seelische Entwicklung."^)
Beide legen ein grosses Gewicht auf die Affekte.
Wundt lässt wie Hobbes die Sprache, ja
alle Willensäusserungen aus Affekten entstehen
und entwickelt eine Theorie, nach der er Lehmann's
Versuche über die Aenderungen des Pulsschlages*)
aufgezeichnet mit Sphygmograph und Plethysmo-
graph zu Grunde legt, sie aber anders als dieser
interpretiert.
^) Dessoir, Geschiebte der neueren deutschen Psychologie, l Bd.
Von Leibniz bis Kant. Berlin NW. 6. Duncker 1894.
2) Wu n d t , Völkerpsychologie. Eine Untersuchung der Entwicklungs-
gesetze von Sprache, Kultur und 8itte. 1. Bd. Die Sprache 1. Leipzig.
Engelmann 1900.
3) Baldwin, Das soziale und sittliche Leben erklärt durch seelische
Entwicklung von der Dänischen Gesellschaft der Wissenschaften mit der
goldenen Medaille gekrönt. Nach der 2. engl. Auflage übersetzt von
Dr. Ruedemann. Durchgesehen und mit Vorwort eingeleitet von
Dr. P. Barth. Leipzig. Job. Ambr. Barth. 1900.
«) L e h m anu, Die Hauptgeaetze des menschlichen Gefühlslebens, 1892.
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— 106 —
Prinzipiell stimmen diese Versuche mit dem
Gedankengang Galens überein, der den Liebes-
kummer einer Dame aus dem Pulsschlag erfährt,
indem er von einem Boten den Namen des Geliebten
und gleichgiltiger Personen nennen lässt und gleich-
zeitig den Puls der Leidenden beobachtet.^)
Wundt fuhrt alle Affekte auf drei Componenten
zurück: sie heissen:
Lust — Unlust,
Erregung — Hemmung,
Spannung — Lösung.
Die Abhängigkeit der Affekte von diesen drei
Componenten und von der Zeit stellt Wundt in
drei Curven dar.
Das oben genannte Werk von Baldwin fuhrt
die Affekte zum Teil auf die primitiven Zu-
stände der Menschheit zurück. Besonders ein-
gehend behandelt Baldwin die Sympathie. Auch
ihm sind die Affekte im eigentlichen Sinne „gut",
sie treiben den Menschen zum Fortschritt, zu den
Erfindungen an.
Der Entwicklungsstandpunkt Baldwin's weist
uns auf Darwin 's klassisches Werk hin: „Der
^) Galen, üb. de praeeognitione ad Posthumum, cap. 6 cit. von Clara-
montius 1. e. pag. 373 f.
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— 107 —
Ausdruck der Gemütsbewegungen bei dem Menschen
und den Tieren."')
Die Ausdrucksbewegungen, überhaupt die
körperlichen Begleiterscheinungen der
Affekte sind es nun auch, welche James ^) und
Lange*) zu ihren Theorien fahrten, dass die Affekte
überhaupt in diesen körperlichen Begleiterscheinungen
beständen. Die Untersuchungen von James, sowie
die klassische Studie Lange's über Gemütsbewe-
gungen enthalten gewiss viel Schätzenswertes. Allein
es sei mir gestattet auf die Schrift Lehmann 's*)
und Stumpfs**) Aufsatz: „über den Begriff der
>) Charles Darwin, Der Ausdruck der Gematsbewegrangen (the
fxpression of emoHong bei dem Menschen und den Tieren. Ans dem Engl,
übers, von V. Carus. 4. Auflage. Stuttgart. Schweizerbach 1899.
«) James, Principle* nf Pgychologp II. pag. 442 f. (1890).
James, What U an emotion f Mind. 1884.
James, The phyncal beutin of emotion^ Ptyohological Review /. (1894.)
pag. 616 f.
') G. L a n g e , Über Gemfitsbewegungen. Eine psy cho-physiologische
Studie. Aut. Übers, von Dr. Kurella. Leipzig. Thomas 1887.
*) Lehmann, Die Hauptgesetze des menschlichen Gefühlslebens, 1892.
B) ef. S t u m p f , „Über den Begriff der Gemütsbewegrang*'. Zeitschrift
für Psychologie und Physiologie der Sinnesorgane von Ebbinghaus. Bd. 21.
H. 1 und 2.
Es sei mir gestattet, auf einen kleinen 'lapsus aufmerksam zu machen,
der sich in dieser sonst so verdienstvollen Schrift findet. Stumpf sagt nftmlich :
„Unsere Betrachtungen erstrecken sieh . . . auf . . . Freude und Leid, Jubel
und Ärger, Hoffhung und Furcht, Verwunderung und Verachtung und der-
gleichen Gefühle, über deren Zugehörigkeit zum Begriff des Affekts kein
Streit sein kann." Stumpf, 1. c. pag. 50. In der im gleichen Aufsatz
besprochenen Studie Lange's heisst es aber pag. 5: „Kummer, Freude,
Furcht, Zorn und dergleichen auf der einen Seite und Liebe, Hass, Ver-
achtong, Bewunderung etc. auf der andern [Seite] sind offenbar zwei Gruppen
von Phänomenen, die in psychologischer Beziehang auseinandergehalten
werden müssen. Nur für die erste Grappe will ich hier die Bezeichnung
.(Gemütsbewegungen" beibehalten, während die anderen Leidenschaften
Qef^hle, oder wie mi^n sie son^t nennen will, bleiben."
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— 108 —
Gemütsbewegung" zu verweisen, worin auf die Ein-
seitigkeit der Lehren von James und des „Vaso-
motorikers*^ Lange hingewiesen wird.
Reich an neuen physiologischen Beobachtungen
ist Oppenheimer's „Physiologie des Gefühls",^)
die wieder eine neue Affektentheorie giebt
und aufweiche hier wenigstens hingewiesen werden soll.
So sehen wir denn einen Hauptpunkt der Lehren
des Hobbes und Descartes auch jetzt noch im
Vordergrunde des Interesses:
„Die Abhängigkeit der Affekte von
seelischen und körperlichen Erscheinungen",
während die Lebensgeister des Descartes heute
nur noch ein spiritistisches Dasein führen.
:3^
Oppenheimer, Physiologie des GefQhls. Heidelberg, Winter 1899.
0. geht aus von seiner Entdeckung gewisser Schmerzneryen,
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Namen- und Sachregister.
A.
Abneigung bei Hobbes
Abscheu bei Th. v. Aquino
— bei Obummontius
— „ Deecartes
Achtung bei Descartes
Adelard v. Bath .
Aerger bei Homer
— „ Stumpf .
Affekte p. VII u. passim
(cf . Gemütsbewegung
und Leidenschaft).
Albert d. Grosse . 19 f. 21
Alcuin 16
Algazel 62
Ambrosius .... 13
Angst bei Homer ... 2
— „ Christus . . 11
Anselm v. Canterbury 17
Apathie bei den Stoikern 8
Aquino, Th. v.
20 f., 24, 25, 26, 101
Aristipp 3
Aristoteles 4 f., 9, 10, 14,
29, 30, 31, 64, 92, 103
Arnobius . . , Anm. 27
Augustinus . 13 f., 24, 62
Ausdruck der Gemüts-
. 47
20
. 33
. 82
bewegungen
bei Augustin ... 14
_ „ Campanella . 28
— „ Descartes . . 84
. 82
— „ bei Darwin 106 f.
. 17
— „ James ... 107
2
. 107
— „ Lange ... 107
Avicenna .... 17
B.
Baco V. Verulam 24, 29, 30,
31, 88, 95, 99, 102
Barmherzigkeit
bei Hobbes . . 54, 59
Baldwin .... 105, 106
Baumann XI, 2, 8, 34, 35,
36, 105
Begehrungsvermögen (siehe
auch Concupiscibilität)
bei Plato .... 9
— „ Philoponus . 15
— „ Alcuin ... 16
— „ Avicenna . . 17
— „ Hugo V. St. Victor 18
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— 110 ^
Begehrungsvermögen
bei Albert d. Grossen 19
— „ Th. V. Aquino . 20
— „ Dans Scotus . 21
— „ Gerson ... 22
— „ Melanchthon . 25
Begierde bei Homer . . 1
— bei Plato .... 3
— „ Aristoteles . . 4
— „ Theophrast . . 7
— „ den Stoikern . 8
— „ Simplicius . . 15
— „ Philoponus . . 16
~ „ Scotus Erigena 16
— „ Adelard V. Bath 18
— „ Casalpinus . . 24
— „ Montaigne . . 27
— „ Claramontius . 33
— „ Hobbes . . 53, 58
Bekümmernis
bei den Stoikern . 8
Berkeley 35
Bernhard v. Clairvaux . 18
Bescheidenheit
bei Descartes . . 82
Besorgnis bei Descartes . 76
Bewegende Kraft
bei Avicenna . . 17
— „ Hobbes ... 43
Bewunderung bei Homer 2
— bei Hobbes ... 51
— „ Descartes . , 83
— „ Baco .... 102
Bibel 11, 12, 57
Blutumlauf nach Harvey
bei Descartes . . 67
Boethius .... 14,15
Bonaventura ... 22
Bonnet .... Anm, 27
Bowman . . , Anm, 38
Bruno, G. .
Bruyfere, La
Buffon . .
Buridanus
Byron . .
24, 62
6
27
. 21
. 34
Cabbalah 19
Casalpinus .... 24
Cameracensis Anm, 13
Carus, F. A. . . Anm, 2
Casaubonus . . Anm, 6
Causalität bei Hobbes . 44
— nach Homer . . 44
Charron 28
Christentum ... 11
Christus 11
Clairvaux, B. v. . . 18
Claramontius . . . 32 f.
Cogito ergo sum
bei Augustin . . 62
— „ Descartes . . 62
Comte 35
Condillac 27
Conring, H 32
Concupisdbilität (s. auch
Begehrungsvermögen)
bei J. V. Stella . 18
— „ Albert d. Grossen 19
— „ Th. V. Aquino . 20
— Urteil Descartes' . 83
Cnmberland .... 36
Cusa 23
Cyrenaiker 3
D.
Dankbarkeit
bei Aristoteles . . 4
— „ Descartes . , 83
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111
Darwin . . . . ; 106 f.
Degerjindo ... 2, 14
Demokrit 7
Demut bei Hobbes . . 51
Descartes IX, X, 1, 7,8, 9,
10. 21, 23, 24, 29, 31, 39,
62-92. 92-103, 104, 108.
Dessoir 105
35, 57
21
71
48
Diderot , . . .
Dung Scotus . .
Durst bei Descartee
— „ Hobbes
E.
Egoismus 56
Ehre bei Hobbes . . 50, 58
— „ Descartes . . 83
Eifer bei Aristoteles . . 5
— „ Hobbes ... 54
Eifersucht bei Plato . . 3
Eisler . . 2, 3, 13, 23, 24
Eitelkeit bei Montaigne . 27
— bei Hobbes ... 54
Elend bei Hobbes . . 54
Elisabeth v. d. Pfalz . 63
Entrüstung bei Christus 11
— bei Hobbes ... 54
Entwicklungsstandpunkt
in der Lehre v. d.
Leidenschaften
bei Hobbes ... 96
— „ Baldwin . 105, 106
— „ Darwin . 106, 107
Entzücken bei Homer . 2
— bei Christus . . 11
Epikur 7
Erasistratus .... 10
Erbleichen v. Trauer
bei Descartes . . 84
Erhabenheit bei Hobbes 54
Erigena, Scotus . 16
Ennnerung (s. auch Ge-
dächtnis) b. Hobbes
— bei Descartes . .
Erken n tnis vermögen
— bei Gerson . . .
Erregung bei Hobbes
— bei Wundt . . .
Erröten vor Freude
oder Trauer nach
Descartes ....
Erstaunen bei Homer
Eucken 11, 35
Euler 98
44
78
22
39
106
84
2
Fabricius 62
Feigheit bei Montaigne . 27
— bei Descartes . . 82
Feindschaft bei Homer . 1
Fischer, Kuno . 29, 30, 31
Freude bei Homer . . 2
— bei Christus . . 11
— „ Plotin ... 13
— „ Boethius 15
— „ E. V. St. Victor 18
— nach Hobbes . 47, 48
— „ Lange . Anm. 107
— bei Stumpf . „ 107
Freundschaft bei Homer 1
Frohschammer ... 21
Frohsinn bei Homer . 2
Furcht ♦, » . 2
— bei Plato .... 3
— „ Aristoteles . . 4
— „ den Stoikern . 8
— „ Boethius . . 15
— „ R. V. St. Victor 18
Digiti
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~ 112 —
Furcht bei J. v. Stella . 19
— „ Th. V. Aquino . 20
— ,, Montaigne , . 26
— „ Charron ... 28
— „ Baco V. Verulam 29
— „ Claramontius . 33
— „ Hobbes ... 47
— „ Descartes . . 82
— „ Lange . Anm, 107
— „ Stumpf . „ 107
G,
Galen 9, 10, 14, 24, 62, 106
Galilei .... 38, 39, 49
Gassendi ... 31, 32, 95
Gedächtnis bei Alcuin . 16
— bei Avicenna . . 17
— „ Anselm v. Canter-
bury 17
— bei Th. v. Aquino 26
— „ Melanchthon . 26
-- „ Hobbes . . 40, 44
Geister losgelöst v. Körper
kennt Hobbes nicht 42
Gemütsbewegungen p. VII
und passim
bei Augustin . . 13
— „ Descartes . . 73
Gerson 22
Gewinnsucht bei Plato . 3
Gilbert 87
Giordano Bruno . r 24
Glück bei Hobbes . 51, 54
— bei Descartes . . 85
Grausamkeit b. Montaigne 25
Gregor v. Nyssa . . 14
Grimm bei Homer . . 2
Groll bei Homer ... 2
Gundling 35
Gut, absolutes, existiert
nach Hobbes nicht 47
H.
. 67
67, 90
1
Haeser ....
Harvey . . .
Hass bei Homer .
— „ Aristoteles
— „ R. V. St. Victor
— „ Th. V. Aquino .
— „ Claramontius
— „ Hobbes . .
— „ Descaites .
— „ Lange . .
Hauschild . . .
Heinze ....
Heiterkeit bei Plotin
Helmont ....
Helvetius ....
Herbart ....
Herophilus . . .
Herrschsucht bei Plato ,
Herz, Sitz d. Affekte bei
Galen 10
bewirkt nach Hobbes,
wenn erregt, sinnliche
Lust und Unlust . 42
Herzbewegung, wichtig f.
die Affekte
bei Hobbes ... 48
Herzog 11, 12
Hiob 57
Hippokrates . . . 2, 9
Hitze bei Descartes . . 71
Hobbes IX, X, 1, 4, 9, 22,
23, 24, 25, 26, 29, 31,
34—62, 76, 93 bis Schluss
passim .
5
18
20
33
54
82
107
12
8, 9
13
31
56
VIII
10
3
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-^ 113 —
Hochherzigkeit
„Komisch« bei Hobbes . 52
bei Descartes . .
82
Krankheiten der Seele
Hoffnung bei Homer
2
bei den Stoikern . 8
— bei ßoethius . .
15
— „ Gassendi . . 31
— „ J. V. Stella .
19
— „ Kant .... 8
— „ Th. V. Aquino
20
Kritik: der historischen
— „ Montaigne .
26
Bemerkungen Bacos
— „ Baco V. Verulan
1 30
und Kuno Fischer's
— „ Hobbes . .
. 54
29, 30, 31
— „ Descartes .
82
d. Lehrend. Hobbes 55-61
— „ Stumpf . .
. 107
„ „ „ Descartes
86-92
Homer ...
Horaz
. 12
„ Darstellung Plessners
1
63, 64, 91
Hugo V. St. Victor
. 18
„ „ Tönnies 57 ff.
Hume
35, 44
„ „ Kirchmann's
Hunger bei Descartes
71
86 ff. u. 92
— bei Hobbes . .
. 48
„ Physiognomik . . 32
„ Lehre v.d. Tempera-
I.
menten . . . Anm, 2
„ Lehre v. James und
Irascibilität (siehe auch
i
Lange 107
Zorn) bei Alcuin
. 16
Kühnheit bei Homer . 2
— bei J. V. Stella .
19
— bei Aristoteles . . 4
— „ Albert d. G.
19
— „ Descartes . . 82
— „ Th. V. Aquino
. 20
Künstlerischer Genuss
Urteil Descartes' . .
. 83
nach Hobbes ... 50
j.
Kummer nach Hobbes . 48
— bei Lange . Anm, 107
James
. 107
Jammer bei Plato
3
L.
— bei Johannes
12
Jubel bei Stumpf An
w. 107
La Bruy^re .... 6
Justus Lipsius
25
T machen bei Hobbes . . 51 f.
Kant
8, 55
— bei Descartes . . 84
V. Kirchmann 4, Am
n. 86,
Lamettrie . . . . Anm. 21
87,
92, 93
Landois .... „67
Kleinmut bei Hobbes
54
Lange, C. . . . Vm, 107
Körper und Seele bei Des-
Lange, F. . 7, 27, ^«w. 99
cartes . 66 ff. U.I
)assim
Langeweile 83
Körper eine Maschine
Laster bei J. v. Stella . 19
bei Descartes .
69
— „ Maimonides . 19
Digiti
izedby Google
— 114 —
Leben, ein Wettrennen
bei Hobbes . 53 f., 56
— ein Kampf bei Hiob 57
Lebensgeister :
Harveys Urteil über
si .... Anm, 67
— bei den Stoikern 24, 91
— „ Galen . 10,24,91
— „ Nemesius . . 24
— „ Augustinus . 24
— „ Th. V. Aquino . 24
— „ Cusa .... 23
— „ Cäsalpinus . . 24
— „ Telesius ... 24
— „ Paracelsus . . 25
— ,, Melanchthon . 24
— „ Baco . . . 24. 91
— „ Claramontius . 32
— ., Hobbes . . 24, 99
— „ De8cart^67ff.,90,99
Lehmann ... 100, 107
Leibniz 35
Leid bei Homer 2
Leidenschaft
im Altertum . 1—14
— im Mittelalter . 14—24
— im 16. und Anfang
d. 17. Jahrhund. 24—33
— bei Hobbes . . 33-61
— „ Descartes 62—103
— Ende d. 19. Jahr-
hunderts . . 104-108
— mit dem Strom einer
Dynamomaschine
verglichen . . . 101
Liebe bei Homer ... 1
— „ Plato ... 3
— „ Aristoteles . 5
— „ Christus . . 11
— im Christentum . 11
Liebe bei R. v. St. Victor 18
— „ Th. V. Aquino 20
— „ G. Bruno . , 24
— „ Charron . . 28
— . „ van Hebuont 31
— „ Claramontius . 32
-~ „ Hobbes . 54, 58
— „ Descartes . . 82
— „ L&Bge . .4»»«. 107
Liebeskummer bei Galen 106
Lipsius 25
Locke ....... 34
Lösung bei Wundt
Lust bei Aristipp
— „ Plato .
106
3
3
7
8
33
— „ Theophrast
— „ den Stoikern
— „ Claramontius
— „ Hobbes (ders.
unterscheidet körper-
liche und sinnliche
Lust) 40, 42,47,58 ff.. 102
— bei Wundt ... 106
— „ Stumpf . -4»^. 107
M.
Macht bei Hobbes
40, 43 ff., 56, 58. 60, 61
Maignan .... 100
Maimonides .... 19
Mathematische Gewissheit
hochgeschätzt
von Nie. V. Cusa . 23
— „ Hobbes ... 38
Melanchthon . . . 25
Mensch, Werkstättc aller
Creaturen
bei Scotus Erigena 16
— Welt im Kleinen
bei Cusa .... 23
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115 —
Mensch, animal rationale
bei Hobbes ... 42
— die meisten sind un-
gerecht n. Hobbes 55,96
Merkzeichen bei Hobbes 44, 45
Mersenne . . . Anm,lOO
La Mettrie . . »27
Missgunst (s. auch Neid)
bei Plato .... 3
Mitleid bei Homer . . 2
— bei Aristoteles . . 5
— », den Stoikern . 26
yj Christus 11
— ,, Montaigne . . 26
— „ Charron . . 28
— „ Hobbes ... 54
— „ Descartes . . 83
Montaigne .... 26if.
Müller, Hieron. . Anm, 3
Musik, Wirkung derselb.
nach Hobbes . . 49
Muskelbewegung
nach Descartes . . 67 f .
Mut bei Homer ... 2
— „ Plato ... 12
— „ Th. V. Aquino . 20
— „ Descartes . . 82
— „ Hobbes ... 54
Mystisches 22
N.
Neid bei Aristoteles . .
4
— „ Hobbes . . .
54
— „ Descartes . .
83
Neigungen bei Aristoteles
4
Nemesius
14
Nerven, zuerst beschrieben
von Herophilus und
Erasistratus . . .
10
Nerven, bei Galen . . 10
— bei Descartes 71, 75 ff.
Newton 40
Niedergeschlagenheit
bei Homer ... 2
Niedrigkeit bei Descartes 82
Nominalismus . . . . 21
o.
Occasionalismus
Okkam . . .
Oppenheimer
P.
21
108
25
Paracelsus . . .
Passiones und passions
passim z. B. 13
Passivität des Gemüts . 19
Patristik 11
Paulus 12
Peripatetiker .... 9
Petrarka 22 f.
Philoponus .... 15
Physiognomik .... 32
bei Montaigne . . 27
— „ Claramontius . 32
— „ Piderit . Anm. 32
Plato 3 f.
Platner . . . Anm, 35, 56
Plessner 8, 63 f., ^«»i. 67, 91,
Anm. 93, 94, 98
Plethysmograph . . . 105
Plotin 12 f.
Pneuma (s. Lebensgeister)
Pope 55
Posidonius .... 9
Prästabilierte Harmonie 98
Psycho-physischer
Parallelismus . . 98
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- 116 -
R.
Retzlaff 2
Eeue bei Hobbes . . 54
— „ Descartes . . 83
Richard v. St. Victor 18
Rückert ..... 62
Ruhe der Seele bei Epikur 7
Ruhin bei Montaigne . 27
s.
Salisbury, Joh. V. ^«»».11
Scaliger
24
Schadenfreude
bei Hobbes . 51, 53
Schani bei Homer . .
2
— bei Plotin . • .
12
— „ R. V. St. Victor
18
— „ Hobbeß . . .
54
— „ Descartes . .
83
Schauder nach Hobbes
49
Scheu bei Homer . .
2
Schmelzende Affekte
12
Schmerz bei Plato .
3
— bei Theophrast
7
- „ BoethiuB .
15
— „ R. V. St. Victoi
18
— „ J. V. Stella
19
— „ Petrarka
22, 23
— „ Claramontius
33
-^ „ Hobbes . .
48
— körperlicher, bei
Descartes
. 71
Schmerznerven bei
Oppenheimer .
. 108
Schopenhauer . .
. 35
Schütz, L., ...
21, 24
Schütz, Harald . .
. 28
Schwegler . . .
. 34
Scotus, Duns . .
. 21
Scotus, Erigena . . 16
Sebunde, R. v. . . . 27
Seele und Körper
bei Descartes . 66 ff.
M. passtm.
Sehnsucht bei Plato 3
— bei Aristoteles . . 5
Selbstbeherrschung bei
den Stoikern . . 7, 8
— bei Augustin . . 13
Selbsterhaltung
bei Telesius . . 25
Selbstzufriedenheit . . 83
Seneca Anm. 7
Seufzer bei Descartes 84
Shakespeare ... 30
Siebeck 10,11,20,21, 23,91
Simplicius .... 15
Sinne bei Avicenna . . 17
— „ Hobbes . 39 ff.
— „ Descartes . . 68
Socrates 2
Sorge bei Homer ... 2
Spannung bei Wundt . 106
Sphygmograph . . . 105
Spinoza .... 30, 35
Spiritisten und Descartes 100
— und Lebensgeister 108
Spott bei Descartes . . 83
Sprache und Affekte
bei Plato ... 4
— „ Montaigne . . 27
— „ Hobbes . . 45, 52
— „ Wundt . VIII, 105
Stehnische Affekte . . 12
Steinitzer .... XII
Stella, J. V 18 f.
Stöckl 11, 16, 17,18, 19,20,
21, 22, 23, 24, 25, 26, 28,
29, 31
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— 117 —
Stoiker 7 u. f. 25,
26,
31,
Unlust b. Hobbes (seelische
j
32,
64
,91
und körperliche zu
Stolz bei Hobbes . .
.
53
unterscheiden) 40, 42
,47,
— „ Descartes .
,
82
58, 59, 60, 61,
102
Stumpf
107
— bei Wundt . . .
106
Sympathie bei Baldwic
i
106
Unwillen bei Gott und
Christus ....
12
T.
— bei Descartes . .
83
Tauler
22
25
V.
Telesius ....
Temperamente
bei Hippokrates
2
Verachtung bei Descartes
82
— bei Galen . .
10
11
— bei Stumpf . Anm.
107
— „ Claramontius
32
— „ Lange Anm,
107
— „ Baumann
. 2
Vei-ehrung bei Descartes
82
— „ Eisler . .
2
Vergnügen bei Homer
2
TertuUian . . .
12
— bei Charron . . .
28
Theophrast . . .
67
— „ Hobbes . . .
51
Thomas v. Aquino
20
21
Verlangen
Thränen bei Descartes
84
bei Th. v. Aquino
20
Thukydides . . .
38
— „ Montaigne . .
26
Tod bei Hobbes . .
54
— „ Descartes . .
82
— „ Descartes
66
Vermögen der Seele bei
JbnTofail . . .
27
Aristoteles . . .
4
Tönnies IX, 36, 37,
38,
39,
— zurückgewiesen von
53, 57, 58, 59, 60,
61,
93,
Descartes . . ,
83
94,
95,
99
Verwunderung
Tugend bei Aristoteles
5
bei Aristoteles . .
103
— bei R. V. St. Victor
18
— „ Hobbes 51, 52,
59,
— „ J. V. Stella
19
102
— „ Maimonides
•
19
— „ Descartes 81,
— „ Baco ....
102
102
u
— „ Stumpf . . .
107
V-/ •
— „ Lange ...
107
Ueberraschung bei
Verzagung
Homer ....
.
2
bei Th. v. Aquino .
20
Ueberweg ....
.
93
Verzweiflung bei Hobbes 5]
L,54
üeberdruss n. Descartes
83
V. Volkmar ....
91
Unehre bei Hobbes .
51
Vorstellungen bei
Unlust bei Aristipp .
.
3
Hobbes . . 39 ff.
,60
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— 118 —
Vorstellungen
bei Descartes .
. 70ff.
St. Victor, Hugo v.
. 18
— Richard v. . .
18
Voyage du monde
de Descartes
. 100
Wissbegier bei Plato . 3
Wohlwollen bei Homer . 1
WundtVIII,IX, 36,105,106
Wut bei Homer ... 2
-— „ Scotus Erigena 16
z.
yy .
Zeller
6,7,9
Wehmut bei Christus .
11
Zirbeldrüse bei Galen 10, 62, 90
Weinen bei Hobbes . .
54
— bei Descartes
Wille bei Alcuin . . .
16
10, 62, 74 ff., 90 f.
— bei Avicenna . .
17
Zorn bei Homer ... 2
— „ Anselm v.
»'
Plato .... 3
Canterbury . . .
17
i>
Aristoteles . . 4
— bei R. V. St. Victor
18
»>
Theophrast . . 7
— „ Albert d. Grossen
19
»>
Seneca . . Anm, 7
— „ Th. V. Aquino
20
»
Alcuin ... 16
— „ van Helmont
31
»
Adelard v. Bath 18
— „ Hobbes 35, 36,
39,
»>
Maimonides . 19
42
59
t»
Th.v. Aquino . 20
— „ Descartes 70, 78
79
u
Montaigne . . 27
— „ Baumann 36,
105
>>
Claramontius . 33
— „ Schopenhauer
35
>♦
Hobbes ... 54
— „ wundt . vm,
105
»)
Descartes . 71, 83
Willmann . . . Anm
62
— »
Lange ... 107
Wirbeltheorie
Zweifel,
Wert desselben
bei G. Bruno . .
62
bei
Algazel ... 62
— „ Descartes . .
62
»»
Descartes . . 62
^
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Lebenslauf,
Ich, Ludwig Harald Schütz, evan-
gelischer Konfession, wurde geboren am 10. Januar
1873 zu Traunstein in Oberbayem. Meine Eltern
sind Prof. Dr. Harald Schütz in Frankfurt
am Main und Lotte Schütz, geb. Hilliger.
Nachdem ich den ersten Unterricht zu Hause
genossen, besuchte ich in den Klassen Septima bis
Quinta das Realgymnasium Wöhlerschule, sodann
von Quinta an das Städtische Gymnasium zu Frank-
furt a. Main. Hierauf studierte ich von Herbst 1891
an in Jena und Göttingen Mathematik, Physik,
Chemie, Naturwissenschaften und Philosophie, war
zwei Jahre Assistent am physikalischen Institute
der technischen Hochschule in Darmstadt und be-
stand am 4. /5. November 1898 vorder Kgl. Wissen-
schaftlichen Prüfungs-Kommission zu Göttingen die
Prüfung pro facultate docendi. Von Ostern 1899
9*
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— 120 —
bis Herbst 1900 Hilfslehrer an der Ober-Realschule
zu Oldenburg i. Gr. wurde ich am 1 . Oktober als
Lehrer für Mathematik und Physik an dieKgl. höhere
Maschinenbauschule zu Hagen i. W. berufen.
Im Druck erschien von mir: „Der Eisen-
hammer", ein technologisches Gedicht des sechs-
zehnten Jahrhunderts, verf. von Nicolaus Bourbon
dem Aelteren, übersetzt und erläutert mit einem
Leben des Dichters und dem lateinischen Original.
Göttmgen 1895.
Ich genoss auf der Universität den Unterricht
der Herren:
Auerbach, Detmer, Eucken, Frege,
Haeckel, Kalkowsky, Knopf, Knorr,
Piltz, Schaeffer (f), Thomae, Winkel-
mann in Jena
und Baumann, Bohlmann, Klein, Hilbert,
Liebisch, Mollier, Nernst, Riecke,
Schering (f), Schoenflies, Schur (f),
Voigt, H. Weber in Göttingen.
Allen diesen meinen hochverehrten Lehrern,
insbesondere dem Herrn Referenten dieser Arbeit
Herrn Geheimrat Prof. Dr. Baumann spreche ich
meinen herzlichsten Dank aus.
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— 121 —
Desgleichen bin ich zu Dank verpflichtet: der
Verwaltung der Kgl. Universitätsbibliothek
zu Göttingen^ ferner dem Herrn Oberbibliothekar
Dr. Mosen, als Leiter der Grossherzogl. Hof-
bibliothek und dem Verwalter der Bibliothek der
Stadt. Oberrealschule zu Oldenburg, Herrn Prof.
Dr. Rüthning.
Zum Schluss sei es mir gestattet, Herrn Bald
für den korrekten Druck meinen verbindlichsten
Dank auszusprechen.
^
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THI8 BOOK 18 DUE OK THB LAST DATB
8TAHPED BELOW
AN INITIAL FINE OF 25 CENTS
WILL BB A88ES8ED POR PAILURB TO RETURN
THI8 BOOK ON THE DATE DUE. THE PENALTY
WILL 1NCREA8E TO 80 CENTS ON THE POURTH
DAY AND TO $1.00 ON THE 8EVENTH DAY
OVERDUE.
UM ' / ^933
MAR 9 1933
m^ 101933
OCT 10 1188
f "^
LD 21-50m-l,'88
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YC 31558
4?7555
1312.45-;
i
i
ÜNIVERSITY OF CALIFORNIA LIBRARY
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